Muss der mehrfache Bürgermeisterkandidat aus Weissach ins Gefängnis? Darum geht es jetzt in Stuttgart.

Weissach/Stuttgart - Eigentlich hätte der Berufungsprozess gegen den Weissacher Helmut Epple schon Mitte März beginnen sollen. Doch wegen der Corona-Pandemie musste das Verfahren um sieben Monate verschoben werden. Auch an diesem Montagvormittag beginnt die Verhandlung gegen den mehrfachen Bürgermeisterkandidaten erst mit einer als 90-minütigen Verzögerung.

 

Helmut Epple hatte einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin gestellt. Ein Richter einer anderen Kammer musste die Befangenheit überprüfen und lehnte den Antrag schließlich ab. „Immerhin haben wir ein Signal gesetzt“, kommentierte Epple dies in Richtung seines Verteidigers.

Verfahren geht in die nächste Runde

Ein langes Verfahren geht damit in einer neue Runde. Zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten hatte das Amtsgericht Leonberg den Weissacher im Juli vergangenen Jahres verurteilt, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, falscher Verdächtigung und Beleidigung in 13 Fällen. Angeklagt gewesen waren sogar 16 Fälle, in drei Punkten wurde Epple freigesprochen. In der Berufungsverhandlung geht es nunmehr nur noch um die fünf schwersten Tatvorwürfe aus den Jahren 2015 und 2016, die restlichen acht wurden vorläufig eingestellt. Verteidigen muss sich Epple, der bei den Bürgermeisterwahlen in Weissach, Renningen, Rutesheim und zuletzt in Weil der Stadt kandidiert hatte und auch gegen die Wahlergebnisse teilweise geklagthat, gegen die Vorwürfe der schweren und vorsätzlichen Körperverletzung.

Ausgangspunkt dieser Taten war laut Urteil des Leonberger Amtsgerichts, dass der heute 63-Jährige mit seinem Smartphone Fotos von – seiner Meinung nach – rechtswidrigem Verhalten gemacht hatte. Als sich die Betroffenen dagegen wehrten, kam es zu Handgreiflichkeiten, bei denen Epple in vier Fällen Pfefferspray einsetzte.

Epple sprüht mit Pfefferspray

Einmal hatte er einem Hundehalter, der seine Vierbeiner in einem angeblich dafür vorgesehenen Bereich nicht angeleint hatte, gleich dreimal Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, nachdem dieser ihn aufgefordert hatte, von ihm gefertigte Fotos zu löschen und auf diesen zugegangen war. Zweimal war laut Amtsgerichtsurteil der Leonberger Bahnhof Tatort, als der 63-Jährige dort vermeintliche Ordnungswidrigkeiten fotografisch festgehalten hatte: Einmal, als ein Jugendlicher mit dem Fahrrad dort fuhr und einmal, als eine Mutter mit ihrem Kind auf einem Elektro-Scooter unterwegs war.

Beide Male fühlte sich Helmut Epple von den Fotografierten bedroht, als diese ihn aufforderten, die Bilder zu löschen. Im ersten Fall setzte er Pfefferspray ein, im zweiten schlug er der Mutter auf die Nase. Zudem versprühte er einmal Pfefferspray in einem Bus, als er sich von einem angetrunkenen 33-Jährigen beleidigt und bedroht gefühlt hatte. Damals waren sieben Personen vom Spray verletzt worden.

Die Richter am Landgericht müssen nun befinden

Über all das müssen nun die Richter des Stuttgarter Landgerichts erneut befinden. Helmut Epple wollte am Montag zu den Taten keine Angaben machen. Die Zeugen der Taten müssen nochmals vor Gericht aussagen. Bestätigen konnten sie die Vorwürfe nur teilweise, da diese inzwischen teilweise fünf Jahre zurückliegen. Ein 62-jähriger Werkzeugmacher, der mit Helmut Epple jahrelang Streit hatte, erinnerte sich nach Verlesung seiner alten Aussage bei der Polizei, dass er im Oktober 2015 mit seinem Auto in eine Hofeinfahrt gefahren sei, da sein Handy geklingelt habe. Dann habe er ohne Vorwarnung Pfefferspray ins Gesicht gesprüht bekommen. Epple hatte jedoch seinerseits eine Anzeige bei der Polizei gestellt, da er sich von dem 62-Jährigen durch ein Schlüsselband bedroht fühlte.

Relativ gut erinnerte sich ein 49-jähriger Hundehalter an einen Vorfall vom November 2015: Er sei vom Angeklagten fotografiert worden, als er mit seinen Hunden in Flacht joggen gewesen war. Als er auf diesen zugegangen sei, um die Löschung der Fotos zu verlangen, habe ihm der Angeklagte eine Ladung Pfefferspray verpasst. Als er ihn weiter verfolgt und beschimpft habe, sei er noch zweimal mit Pfefferspray besprüht worden. „Amüsant war, dass Helmut Epple mich dann angezeigt hatte, weil ich ihm angeblich sein Handy rauben wollte“, sagte er.

Urteil soll Mitte November fallen

Drei Anwohnerinnen, die den Vorfall verfolgt hatten, konnten die Vorwürfe nur in Teilen stützen. Teilweise widersprachen sich ihre Aus sagen auch. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt, das Urteil soll nach fünf Verhandlungstagen am 11. November fallen.