Die Gemeinderäte des Planungsausschusses lehnen einen Vorschlag der Deutschen Bahn, einen so genannten Schallschutz zwischen Gleisen und Busbahnhof zu bauen, ab.

Seit 2017 ist Leonberg Teil des „Lärmsanierungsverfahrens“ der Deutschen Bahn. Mehr als 1000 Wohnungen im Haldengebiet, in der Gartenstadt und im Silberberg sollten eigentlich davon profitieren. Bislang ist nichts passiert und für die Anwohner nahe der Gleise scheint noch lange keine Besserung in Sicht.

 

Deshalb freuten sich die Leonberger Gemeinderäte, als sie Mitte Mai in den Sitzungsunterlagen unter anderem eine Präsentation der Deutschen Bahn vorfanden. Darin kündigt der Staatskonzern an, auf eigene Kosten eine Lärmschutzwand auf dem Leonberger Bahnhof zu errichten. Die Präsentation hat die Mitglieder des Leonberger Planungsausschusses dann aber eher irritiert als erfreut. Denn die Deutsche Bahn plant in diesem Vorhaben keine Schallschutzwand, von der die Bewohner der Gartenstadt profitieren könnten, sondern eine in der entgegen gesetzten Richtung zwischen den Gleisen und dem Busbahnhof.

Mit einer Wand werden Angsträume geschaffen

Die Idee: Der Bereich Reisezentrum bis hin zum historischen Bau in der Bahnhofstraße 70 soll, wenn es nach der Bahn geht, abgegrenzt werden. Insgesamt vier Zugänge mit Überlappungselementen sollen zwischen den dann abgekoppelten Bereichen geschaffen werden. Auf großes Unverständnis traf diese Überlegung bei Elke Staubach, die in dieser Sitzung ihren CDU-Kollegen Bernhard Kogel vertrat, sowie bei SPD-Rätin Christa Weiß gleichermaßen. „Man schafft damit Angsträume“, sagte Staubach. „Keine gute Lösung für Frauen, die in dunklen Jahreszeiten nachts unterwegs sind, da sind sie doch aus dem Hinterhalt leicht angreifbar“, ergänzte Christa Weiß. Auch befürchtet sie, dass mit dieser Konstruktion „geeignete Plätze für pinkelnde Männer“ geschaffen werden könnten.

Die Anlieger haben keinen Nutzen

Für Reisende, die mit der S-Bahn ankommen und schnell nach ihrem Anschlussbus Ausschau halten wollen, sei eine Wand ein großes Hindernis, fügte Weiß an. Vor allem in frequentierten Zeiten, wenn viele Berufspendler auf dem Bahnsteig unterwegs seien und alle schnellstmöglich ihr Ziel erreichen möchten. „Hat sich irgendein Leonberger jemals die Wand an dieser Stelle gewünscht?“, stellte Grünen-Stadträtin Gudrun Sach die Frage in die Runde. „Bekanntlich zieht Schall nach oben, wer soll denn damit vor Lärm geschützt werden, die Häuser im höher liegenden Stohrerpark haben keinen Nutzen davon.“ Sie gab gleichzeitig dem Leonberger Baubürgermeister Klaus Brenner mit auf den Weg: „Die Stadtverwaltung muss die Deutsche Bahn davor bewahren, sinnlos Steuergelder zu verschwenden.“ Wolfgang Schaal (Freie Wähler) hatte da eine ganz andere Vermutung. Er befürchtet „dass die Bahn in Schallschutzwände investiert, weil der Güterverkehr zunehmen soll.“

800 Bahnhöfe sollen saniert werden

Die Deutsche Bahn setzt ihr Investitionsprogramm „Neues Netz für Deutschland“ fort, heißt es von offizieller Seite. Eine Rekordsumme von 13,6 Milliarden Euro von der DB, Bund und Ländern soll in diesem Jahr in die Schieneninfrastruktur fließen. Etwa 900 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Die Bahn modernisiert und erneuert damit etwa 1800 Kilometer Gleise, 2000 Weichen, 140 Brücken und 800 Bahnhöfe. Mit diesem Programm will die DB vor allem mehr Kapazität im Schienennetz schaffen und die vorhandene Infrastruktur leistungsfähiger machen.

Die Ausschreibung läuft seit dem Jahr 2019

Neben der skurrilen Schallschutzwand, die der Planungsausschuss mehrheitlich ablehnte, plant die Deutsche Bahn einige Maßnahmen mehr in Leonberg. Sie möchte den Bahnsteig erneuern und barrierefrei gestalten sowie ein Blindenleitsystem installieren. Bahnsteigbeleuchtung und Lautsprecheranlagen sollen auf den neuesten technischen Stand gebracht werden. Die Treppenanlagen und Aufzüge müssen auf Grund der Erhöhung der Bahnsteige angepasst werden. Die Bauzeit ist vom ersten bis dritten Quartal im Jahr 2025 geplant. Von Schallschutzwänden in Richtung Gartenstadt oder im Silberberg ist in der aktuellen DB-Präsentation allerdings nicht die Rede.

Die Deutsche Bahn AG hat mit den Kommunen entlang der Strecke Stuttgart-Calw schon vor Jahren einzelne Vereinbarungen getroffen. So berichtete beispielsweise Oberbürgermeister Martin Georg Cohn im Jahr 2019 dem Planungsausschuss, dass die neuen Lärmschutzwände für Leonberg – zwei in der Kernstadt und zwei im Stadtteil Silberberg – ausgeschrieben werden. Auf Anfrage nach dem aktuellen Stand dieser Ausschreibungen sagt Leonbergs Pressesprecher Sebastian Küster: „Im zweiten Halbjahr 2024 soll laut Angaben der Bahn die Ausschreibung für die Erstellung der Lärmschutzwände abgeschlossen sein und mit den Bauvorbereitungen für 2025 begonnen werden.“