Steinmetze aus der Region stellen ein Jahr lang ihre eigens für die Ausstellung „Grenzüberschreitungen erleben“ geschaffenen Arbeiten unter freiem Himmel aus.

Leonberg - Die Skulptur „Pferdestärke“ von Herbert Wink in der Ausstellung „Grenzüberschreitungen erleben“, die seit Mai letzten Jahres auf der alten Autobahntrasse zu sehen ist, passt ausgezeichnet zu Leonberg und zu dem bevorstehenden 327. Leonberger Pferdemarkt. Wink Grabmahle in Schriesheim versteht sich als klassischer Dienstleister des Bildhauer- und Steinmetzhandwerks, der Skulpturen für Gärten, Parks, Ausstellungen und skulpturale Grabmahle erschafft. Besonderen Wert bei ihrer Arbeit legen Herbert Wink und seine Mitarbeiter auf die Liebe zum Detail. Sie arbeiten mit traditionellem Werkzeug wie Fäustel, Knüpfel und verschiedenen Eisen, um eben keine industrielle Massenware, sondern handwerklich gefertigte Unikate aus regionalen Materialien zu fertigen. Für seine Pferdeskulptur hat Herbert Wink daher zwei schlanke Stelen aus Schwarzwälder Granit ausgewählt. Die Grundmasse für dieses Gestein entstand vor mehr als 300 Millionen Jahren, das flüssige Magma. Vor 40 Millionen Jahren führte die Absenkung des Rheingraben zur Entstehung der Höhenzüge des Schwarzwaldes, in die seit mehr als 100 Jahren Steinbrüche getrieben werden, um den Schwarzwälder Granit zu gewinnen. Dieser Stein ist bruchrau, sein eigenwilliger Charakter zeigt sich in Form und Farbgebung, dessen Spektrum von hellem Grau bis bläulich, rot oder gelblich sein kann, je nach Art der Erstarrung des Magmas.

 

Wie unterschiedlich Granit bearbeitet werden kann, zeigen die zum einen senkrecht, zum anderen waagerecht aufgestellten beiden Stelen. Ein zum Sprung anhebendes Pferd krönt die hoch aufragende Stele. Kopf, Brust und Rücken des Tieres sind naturgetreu und fein poliert aus dem Stein heraus gearbeitet, der Unterleib und die Beine bleiben dagegen formlos und fest verbunden mit dem bruchrau belassenen Teil der Granit-Stele. Man möchte dem stolzen Pferd wünschen, dass es frei springen könnte, aber es bleibt sinnbildlich gefesselt an den Stein. Genauso schälen sich acht Pferdeleiber aus der waagerecht auf dem Schrottwürfel abgelegten Stele.

Pferde in ihrem Element

In der Vorstellung des Betrachters bewegen sich jeweils vier Pferde in gegensätzliche Richtung, obwohl sie, wenn auch sehr fein gearbeitet, nur als beinlose Torsi aus dem grob bearbeiteten Steinblock heraus wachsen. Zum Wesen dieser Tiere gehört es zu springen und zu laufen, selbst dann, wenn sie gezähmt dem Menschen zu Diensten sind. Auf der einstigen Autobahn mit dem dichten Autoverkehr wäre dies nicht möglich gewesen. Nun ist aus der vergangenen Zeit nur das verschrottete Autorelikt geblieben. Aus dem einstigen Asphalt konnte jedoch ein an Grünpflanzen reicher Wiesenhang wachsen – genau der richtige Ort, an dem Pferde in ihrem Element sein können. Herbert Wink setzt diesen eng mit der Geschichte Leonbergs verbundenen Tieren ein berührendes Denkmal, das seine Begeisterung für die Eleganz und Kraft dieser Wesen mit dem Wissen um ihre Gefährdung verbindet.

Bleibt nur die Frage, warum wohl die Pferde in unterschiedliche Richtungen laufen? Könnte damit eine Anspielung auf Leonbergs streitbare Bürgerschaft gemeint sein? Wie schön ist es, dass die meisten Streitthemen beim Viertele im Pferdemarktkeller unwichtiger werden.