Sebastian Schäfer und Christof Küster lassen in der Lahrensmühle den Mythos aufleben.

Leonberg - Sebastian Schäfer, Mitglied des Studiotheaters Stuttgart, scheint der wiederauferstandene Hanns-Dieter Hüsch zu sein, in Mimik, Gestik, Stimme und Ausstrahlung. Zusammen mit Christof Küster bietet er eine Hommage an einen der Großen des deutschen Kabaretts, allein schon unvergessen durch seine Stimme. Der Hanns-Dieter-Hüsch-Abend zu Kulturpfingsten in der Lahrensmühle Leonberg ist gut besetzt, obwohl der Humor des „Schwarzen Schafs vom Niederrhein“ nur bedingt kompatibel mit schwäbischem Mutterwitz ist. Doch es gibt Fans. „Hagenbuch gehört zu meinen Kindheitserinnerungen“, freut sich Wolfgang Hämmerle aus Degerloch beim letzten Zigarettchen vor dem Programm unter der wunderschönen Kastanie. Er ist mit seiner Freundin extra hierhergefahren, weil er Hüsch verehrt und den gelungenen Auftritt noch einmal sehen wollte.

 

Vom Niederrhein an den Neckar

„Am Niederrhein, da jagen sich die Rätsel: Warum is’ hier nix los un’ doch alles los. Un’ woanders is’ alles los, un’ gar nix los. Der Niederrhein, denk’ ich immer, macht einem nix vor. Da gibbet keine kalkulierte Romantik, sondern eine Musik aus Vergessen und Erinnern, un’ da draus entsteht das Gefühl am Ende der Welt, am Ende aller Tage zu sein. Wer Fantasie studieren möchte, der sollte ein paar Semester an den Niederrhein kommen und dann als Lohengrin wieder in die große Welt fahren.“ Mit Schmankerln dieser Art wird man in der Lahrensmühle verwöhnt. Geist und Seele laben sich an den feinen Pralinen hoher Kabarettkunst, die hier von echten Gourmets angeboten werden.

Genial sind auch Hüschs sprachliche Untermalungen in den 1970er Jahren, als er Ausschnitte alter Klamaukstreifen aus der Stummfilmzeit mit seinen Ulktexten versah. Die „Klamottenkiste“ war geboren und zog ein ins Wochenendprogramm mit Autowaschen und Sportschau, gefolgt von den großen Unterhaltungsshows der Samstagabende. „Daran musste ich sofort denken, als ich Hüsch-Abend las“, erzählt eine Endfünfzigerin, und dass sie eigentlich nur seinetwegen damals den Fernseher angeschaltet habe. Familiär fühlt man sich und unter seinesgleichen zwischen altem Mahlwerk, einem wunderbaren Geruch nach Patina, polierten Holzböden und restauriertem Fachwerk.

Feine Ironie auf glattem Parkett

Lieder und Texte aus vier Jahrzehnten eines unverwechselbaren Originals werden als Collage und mit Hingabe vorgetragen, die häufig sehr versteckte Ironie des Originals nie auslassend. Hüschs Genialität steckt besonders in der Wahrheit, unter der Melancholie verborgen, über die er gerne ein gerüttelt Maß an Spott legte. Diese Quintessenz wird von Küster und Schäfer kongenial transportiert, wenn sie den „Hagenbuch“ in der Anstalt Bless-Hohenstein auftreten lassen oder mit „Bäckern von Beumelburg“ deutsche Geschichte erkunden. Banalitäten philosophisch betrachten und damit urkomische Situationen schaffen, eine der Meisterleistungen Hüschs, die auch an diesem Abend unter viel Gelächter das Publikum wieder und wieder begeistert. So hat sich in der Nacht auf Pfingsten humorvoller Geist von der Lahrensmühle aus über Leonberg gegossen.