Nach einem Jahr Coronapause und einem weiterem Jahr mit einem stark abgespeckten Programm ist der Zuspruch bei der 16. Aktion in der Altstadt sehr groß.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Verdrossen und sichtlich genervt trottet der Mann hinter seiner Frau her. „Ha noi, i glaub’, i han koi Kunschtverschtändnis“, murmelt er und schüttelt den Kopf. Mit seiner skeptischen Haltung ist der ältere Herr an diesem Samstagabend in Leonberg allerdings die Ausnahme. Auf den Straßen und in den Ausstellungsräumen sind sehr viele gut gelaunte Besucher zu sehen. Bei der Langen Kunstnacht ( LaKuNa) in der Altstadt wird zum 16. Mal jede Menge geboten.

 

Mehr als 70 Künstlerinnen und Künstler zeigen an 26 Stationen ihre Arbeiten. Nicht nur ausgewiesene Kunstliebhaber, sondern ganze Familien nutzen die Gelegenheit, mit anderen ins Gespräch zu kommen und einen geselligen Abend zu verbringen.

Schlager und gediegenere Musik

Schon kurz nach 19 Uhr beginnt die Stadt sich zu füllen. Im und am Atelier von Peter Feichter nahe des alten Marktplatzes, am Tor zur Altstadt, stehen die ersten Besucher in kleinen Gruppen zusammen. Drinnen gibt es farbintensive, expressionistische Acrylmalerei, draußen vor der Galerie Wein und Burger zu Schlagermusik aus den Boxen. Die Stimmung ist gut. Die Menschen lachen und unterhalten sich angeregt. Und das eine und andere Kunstwerk findet an diesem Abend seinen Abnehmer.

Etwas gediegener geht es am Treffpunkt Stadtkirche zu, wo die Malgruppe Malblockhütte farbenfrohe Aquarelle mit Landschaften, Blumen und Stillleben ausstellt. Leise Hintergrundmusik bildet eine angenehme Kulisse für angeregte Gespräche. Kurze Wartezeiten am Eingang bleiben allerdings nicht aus, denn wegen des Infektionsschutzes dürfen maximal sechs Besucher gleichzeitig in den Ausstellungsraum. Zudem bitten die Malerinnen darum, dass eine Maske getragen wird.

Auch das Stadtmuseum ist gut besucht

Diese ist auch wenige Meter weiter im gut besuchten Stadtmuseum vorgeschrieben. Dort zeigt Ortrun Kollmann im Erdgeschoss ihre Acrylarbeiten, die von den Gedichten Christian Wagners inspiriert wurden. Den vor mehr als 100 Jahren verstorbenen Schriftsteller und die freischaffende Künstlerin eint Warmbronn, wo der Dichter einst lebte und die gebürtige Berlinerin Kollmann heute wohnt. Die Künstlerin hatte für die LaKuNa 2020 eine Extraschau vorbereitet. „Da konnte ich meine Bilder aber leider nicht zeigen“ , sagt sie. Die Zeit der Pandemie habe sie genutzt, um die Schau zu erweitern. Sie sei froh, dass nach zwei Jahren wieder eine reguläre Kunstnacht möglich ist.

Ins Atelier von Michael Schönpflug drängen ebenfalls die Besucher, um die expressiven Werke des freischaffenden Künstlers zu betrachten. Auch vor dem Eingang an der Zwerchstraße kommen sie bei einem Getränk in kleinen Gruppen ins Gespräch.

Nicht nur Kunst im engeren Sinn

Ab 21 Uhr entsteht im Hinterhof des alten Rathauses eine besondere Attraktion. Der Fotograf und Lichtkünstler Laurenz Theinert wirft an die Hausfassenden Clips mit grafischen Mustern. Das Duo „Betriebsgeheimnis“, bestehend aus den Musikern Martin Schnabel und Matt Fleischmann, untermalt diese Schau musikalisch. Diese Lichtkunst findet viele Zuschauer.

Bis in die Nacht hinein ist das Areal der ehemaligen Schuhfabrik an der Eltinger Straße sehr belebt. In den weitläufigen Räumen wird Kunst ganz unterschiedlicher Facetten präsentiert. Gegenständliches wie Skulpturen und Plastiken ist dort ebenso zu finden wie Zeichnungen, Collagen und Porträts. Im Künstlerhaus werden nicht nur Werke gezeigt. In den Ateliers ist auch Musiker Markus Klohr für mehrere kleinere Auftritte zu Gast. Als Mitmachangebot können sich die Besucher im experimentellen Malen mit Aquarellfarben und im Zeichnen ausprobieren. Und es wird literarische Kunst in Form von Poetry Slam dargeboten.

Resonanz übertrifft die Erwartungen

Nach einem Jahr Coronapause 2020 und einer stark abgespeckten Version im vergangenen Jahr ist Fotograf Tobias Kegler begeistert, dass die LaKuNa wieder in großem Umfang stattfinden kann. „Das finde ich richtig toll“, sagt er. Kegler hat einen Teil der Galerie belegt, um nach zwei Jahren wieder seine Arbeiten zeigen zu können. „Für ansässige Künstler ist die LaKuNa sehr wichtig und für Leonberg eine Bereicherung“, sagt er.

Katja Rohloff, die Leiterin der Kulturabteilung der Stadt Leonberg, ist mit der Resonanz der Kulturveranstaltung vollends zufrieden und überrascht über den großen Zuspruch am Samstagabend. „Die LaKuNa hat Corona gut überstanden“, sagt sie. Alleine der Galerieverein habe ihr mehr als 1000 Besucher gemeldet. „Die Leute waren interessiert an den Arbeiten und am Austausch untereinander“, hat sie beobachtet. Die Atmosphäre hat Rohloff als durchweg positiv empfunden. Sie hatte Sorge, dass der Abend zu nass und kühl werden könnte. Diese Befürchtungen bestätigen sich am Samstagabend allerdings nicht.