Das Verbot des Kükenschredderns stellt deutsche Landwirte vor wirtschaftliche Herausforderungen. Die Familie Zimmermann in Renningen geht deshalb jetzt neue Wege – mit einer neuen Hühnerrasse.

Das Töten von männlichen Küken ist in Deutschland seit Januar verboten. Landwirte stellt das wirtschaftlich vor große Herausforderungen. Denn die Aufzucht der männlichen Nachkommen von Legehennen ist teuer, bringt aber kaum Geld ein, weil ihr Fleisch sich so gut wie nicht verwerten lässt. Subventionen gibt es nicht. Gleichzeitig konkurrieren die Betriebe mit anderen europäischen Ländern, in denen das Kükenschreddern weiterhin erlaubt ist.

 

Die Familie Zimmermann vom Hoflädle Zimmermann in Renningen hat nun einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen, um die Herausforderung anzugehen: Sie haben sich eine Herde Zweinutzungshühner von der Rasse „Les Bleues“ auf den Hof geholt, die sowohl Eier legen als auch Fleisch geben. „Jetzt müssen wir sehen, ob sich das bewährt“, sagt Christian Zimmermann.

Schwierige Situation für die deutsche Geflügelbranche

„Wenn ein Gesetz EU-weit gilt, sitzen alle im selben Boot“, erklärt der Landwirt, an dessen Hof mehrere Legehennen mit sogenannten Hühnermobilen in Freilandhaltung leben. „So aber ist es für die deutsche Geflügelbranche eine verschärfte Situation.“ Entweder zahlen die Halter immens höhere Preise beim Züchter für junge Hennen, „die sind um etwa 80 Prozent gestiegen“. Oder sie ziehen die männlichen Küken als Bruderhahn-Betrieb selbst auf.

Wirtschaftlich gesehen lohne sich das nicht, sagt Christian Zimmermann. „Man braucht Platz, Strom, Futter und Zeit. Trotzdem kann man das Fleisch kaum vermarkten, das ist viel zu zäh.“ Daraus lasse sich allenfalls Hühnerbrühe machen. Die Kosten für die Aufzucht müssten also umgelegt werden, letztlich auf den Verbraucher. „Die müssen dann aber auch bereit sein, die höheren Preise zu bezahlen.“ Die Familie Zimmermann sah in einer eigenen Aufzucht der Hähne für sich wirtschaftlich keine Zukunft. „Wir versuchen es deshalb auf einem anderen Weg.“

Die neuen Hühner sind größer und massiger

Schon ein schneller Blick auf die neuen Bewohner in einem der Hühnermobile verrät, dass das hier keine typischen Legehühner sind – nicht nur wegen ihrer bläulich gefärbten Füße, von denen die Rasse ihren Namen hat. Die Hühner der Rasse „Les Bleues“ sind deutlich größer und massiger als die reinen Legehybriden. Typische Legehühner fangen mit etwa 22 Wochen mit dem Eierlegen an. Nach zwölf bis 15 Monaten gehe die Legeleistung zurück, danach werden sie geschlachtet.

Bei den Zweinutzungshühnern funktioniert es etwas anders. „Die Hennen legen etwa acht Monate lang Eier“, erklärt Christian Zimmermann. „Danach bekommen sie von uns zwei Monate eine Legepause, dann dürfen sie noch mal für etwa acht Monate Eier legen, bevor sie in den Suppentopf kommen. Das heißt, wir bringen sie einmal über die Mauser.“ Die Männchen brauchten etwa zwölf Wochen, um schlachtreif zu sein.

Zurück zu den Wurzeln

„Mit diesen Züchtungen geht man quasi zurück zu den Wurzeln“, erklärt Christian Zimmermann. Ursprünglich wurden Hühner grundsätzlich für Zweierlei verwendet: Die Weibchen legten die Eier, die Männchen wurden geschlachtet. „Erst später begann man mit der Züchtung von Rassen, die ausschließlich für eines von beidem gut sind.“ Rassen wie die „Les Bleues“, die beides können, seien jetzt erst im Kommen und noch nicht so verbreitet.

Die sprichwörtlichen „eierlegenden Wollmilchsäue“ seien sie aber nicht, betont er. „Sie legen schon deutlich weniger Eier als die reinen Legehybriden.“ Die Eier müssten also eigentlich teurer verkauft werden, damit es sich ausgleicht. Gleichzeitig setzen die Männchen nicht so schnell Fleisch an wie die Masthähnchen. „Für uns ist es aber eine Alternative, die wir gerne ausprobieren möchten.“

Eine ganz neue Erfahrung

Für die Familie ist die Haltung der neuen Herde eine ganz neue Erfahrung. „Jedes Tier ist anders, das ist auch bei den Legehybriden so“, sagt Zimmermann. „Selbst da haben wir Herden, die erkunden sofort die Umgebung, während sich andere keinen Schritt vom Hühnermobil wegbewegen.“

Insgesamt habe er aber den Eindruck, dass die neue Rasse doch etwas scheuer sei. „Der Lerneffekt, wo sie ihre Eier legen sollen, scheint auch deutlich länger zu dauern.“ Und die Tiere seien sehr viel agiler als die Legehybriden. „Vielleicht gerade deshalb, weil sie nicht so viele Eier legen, da haben sie mehr Zeit und Energie für anderes“, sagt der Landwirt und schmunzelt.

Trotz der noch bestehenden Unwägbarkeiten sieht die Familie in dem neuen Konzept die bessere Möglichkeit, die Situation zu bewerkstelligen. Doch genau wie bei der Aufzucht der männlichen Legehühner müsse letztlich jedem klar sein: „Am Ende der Kette steht der Verbraucher, der entscheidet, ob diese Tierhaltung eine Zukunft hat.“

Freilandhaltung

Hühnermobile
 ermöglichen es selbst kleineren Betrieben, Hühner in Freilandhaltung zu halten. Es handelt sich um mobile Hühnerställe in Form von großen Anhängern. Die Anhänger können von einer Fläche zu einer anderen gefahren werden, sobald sie abgegrast ist. Auf dem Gelände der Familie Zimmermann befinden sich vier solcher Hühnermobile.