Zum Ende der Amtsperiode verabschiedet Landrat Roland Bernhard 38 Kreisräte. Darunter ist mit Peter Pfitzenmaier der Dienstälteste, der nach 35 Jahren geht.

Kreis Böblingen - Eines habe die beiden immer unterschieden, sagt Landrat Roland Bernhard mit Blick auf Peter Pfitzenmaier: „Im Gegensatz zu mir hätten Sie kein Mikrofon gebaucht, um sich in der Kreistagssitzung zu verständigen.“ Mit voller und kräftiger Stimme habe Pfitzenmaier stets seine Haltung mitgeteilt.

 

Das darf der Leonberger noch ein letztes Mal. „Es ist eine Zeit, die ich nicht missen will“, sagt er am Rednerpult der Kreistagssaals im Böblinger Landratsamt. Stellvertretend für alle 38 Kreisräte wirft Pfitzenmaier als dienstältester Kreispolitiker einen Blick zurück.

Zwei ehemalige Bürgermeister scheiden aus

Einen ungewöhnlich großen Austausch gibt es nun zum Ende der Wahlperiode in diesem Kommunalparlament. 38 von 84 Kreisräten scheiden aus, insgesamt 395 Jahre an Erfahrung gehen dem Kreistag verloren. Nicht nur das SPD-Urgestein Peter Pfitzenmaier geht. Nach fünf Jahren Amtszeit hatten sich der Leonberger Wolfgang Schaal (Freie Wähler) und der Weil der Städter Martin Buhl (CDU) nicht mehr zur Wahl stellen lassen. Und weil die CDU mit einer starken Bürgermeister-Liste angetreten ist, hatten auch Christina Almert aus Rutesheim (nach fünf Jahren Amtszeit) und Martin Jäckle aus Weissach (nach neun Jahren im Kreistag) den Wiedereinzug nicht mehr geschafft. Zwei erfahrene Politiker verlieren auch die Freien Wähler. Nach jeweils 15 Jahren im Böblinger Kreistag verabschieden sich die beiden früheren Bürgermeister Dieter Hofmann aus Rutesheim und Ursula Kreutel aus Weissach in den kommunalpolitischen Ruhestand.

Und dann ist da noch ein Abschied, der den Landrat nach rührigen Worten suchen lasst. Denn mit Heiderose Berroth verlässt die Grande Dame der Kreis-FDP die Bühne, die zuletzt Vorsitzende ihrer Fraktion gewesen war. „Sie sind bekannt für ihre klaren Worte“, lobt Roland Bernhard. Auch als Landtagsabgeordnete habe sie fruchtbar für den Kreis gewirkt, war dabei immer kämpferisch. „Sie sind eine ganz besondere Persönlichkeit – wir werden Sie vermissen“, sagt der Landrat.

Berroth geht ohne Grimm

Heiderose Berroth hatte zwar auch dieses Mal wieder kandidiert, geht aber ohne Grimm, sagt sie später im Gespräch. „Auch bei den letzten vier Wahlen war ich immer nur über ein Ausgleichsmandat in den Kreistag gekommen.“ Weil die FDP dieses Mal ein „Ausnahmeergebnis mit sechs Direktmandaten“ erreicht hat, gab es kein Ausgleichsmandat für die Liberalen.

20 Jahre war Heiderose Berroth im Kreistag. Sie kam also dazu, als Peter Pfitzenmaier schon 15 Jahre Erfahrung hatte. Nach 35 Mandatsjahren verabschiedet er sich als erfahrenster Kreispolitiker. „Es gab auch die ein oder andere Niederlage“, gibt der frühere Leiter der Leonberger Volkshochschule in seiner launigen Abschiedsrede unumwunden zu. „Ich hab’ mich das ein oder andere Mal verzockt.“ Pfitzenmaier schmunzelt in Richtung Landrat Roland Bernhard, und alle im Raum wissen: Als Fraktionsvorsitzender hatte er sich 2008 eigentlich dafür eingesetzt, dass ein anderer Kandidat auf dem Landratsstuhl Platz nimmt.

Verkümmern die Kreistagsdebatten zur Routine?

Das aber ist Schnee von gestern, genauso wie die wilde Debatte um die Ansiedlung des Müllheizkraftwerks in Böblingen. „Das gab ein Aufruhr in der Öffentlichkeit, eine Bürgerinitiative, Großdemonstrationen – und für uns in der SPD war Müllverbrennung ohnehin Teufelszeug“, erinnert sich Pfitzenmaier.

Einen Wunsch für die Zukunft könne man daraus ableiten: „Mein Eindruck ist, dass die Kreistagsdebatten zunehmend zur Routine verkümmern.“ Er richtet daher den Wunsch an seine Nachfolger, die Sitzungen wieder lebendiger zu gestalten. „Aber jetzt gehe ich mit zwei lachenden Augen.“ Zum einen freue er sich auf mehr Freizeit, zum anderen befinde sich der Kreis bei den Nachfolgern in guten Händen. Die beginnen mit ihrer Arbeit schon bald. Am 22. Juli setzt der Landrat die neu gewählten Kreisräte in ihr Amt ein.