Hunderte Gebersheimer Bürger und der Ortschaftsrat kämpfen um den Erhalt der Sparkassenfiliale. Die wird zum Jahresende mit Höfingen zusammengelegt.

Leonberg - Es ist nicht so, dass wir Höfingen nicht seine Filiale der Kreissparkasse gönnen, wir wollen nur unsere auch behalten“, sind sich Heinz Klingel und Martin Epple einig. Der Gebersheimer Senior sowie der FWV-Fraktionssprecher und stellvertretende Ortsvorsteher haben am Donnerstag 210 Unterschriften aus dem Ort an Filialleiter Pascal Fricker überreicht. Also hat fast jede oder jeder Zehnte der 2400 Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet. Damit wollen sie die Schließung ihrer Ortsfiliale verhindern.

 

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Gebersheim gehört nämlich mit Flacht und Schafhausen zu den zehn Standorten der Kreissparkasse Böblingen, die geschlossen und in größere Filialen integriert werden. Gebersheim und Höfingen werden im Dezember in Höfingen zusammengeführt – übrig bleibt in Gebersheim ein Geldautomat. Die Filiale in Schafhausen wird in den Standort Weil der Stadt integriert. Kunden der Flachter Filiale werden von Juni 2022 an am Standort in Weissach betreut. In den Filialen der Kreissparkasse sollen die Kunden künftig weiterhin den gewohnten Service erhalten. Das kreisweite Filialennetz wird um zehn auf 41 Standorte verringert.

Immer weniger Menschen gehen zur Bank

Einstimmig habe der Verwaltungsrat des öffentlich-rechtlichen Kreditunternehmens, dem deshalb auch Kreisräte angehören, das neue Standortkonzept befürwortet, sagte im Oktober – als das Vorhaben publik wurde – Landrat Roland Bernhard. Es sei ein Umbau und kein Abbau, weil bei der Kreissparkasse als öffentlich-rechtlichem Unternehmen die persönliche Beratung für private Kunden, für den Mittelstand, die Vernetzung regionaler Akteure untereinander und das Engagement in den Kommunen im Kern der Geschäftsphilosophie stehe und deshalb die Beratungskompetenz ausgebaut werde.

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Basis der Entscheidung seien zwei wesentliche Trends, die sich während der Coronazeit noch verstärkt haben, hieß es seinerzeit. Zum einen die zunehmende Nutzung von Telefon, E-Mail, Online-Banking und Sparkassen-App bis hin zur Videoberatung und Chatfunktion. Zum anderen würden seit Jahren immer weniger Kunden in die Filialen kommen, was sich auch in der Zunahme der bargeldlosen Transaktionen zeige. Bei Beratung und Service setzt die Kreissparkasse vermehrt auf Online-Angebote.

Die Beratungscenter sollen gestärkt werden. 13 soll es im Landkreis Böblingen geben, davon vier im Leonberger Geschäftsbereich in Leonberg, Rutesheim, Renningen und Weil der Stadt. Die Beratungscenter sollen im Juni starten. Hier werden neben der Filialmannschaft Spezialisten aus den Bereichen Immobilien, Wertpapiere und künftig auch Versicherungen präsent sein.

Beratungscenter stärken

Das tröstet die Gebersheimer nur wenig. „Ich bin 82, seit 68 Jahren Kunde der Kreissparkasse und habe kein Auto“, spricht Heinz Klingel, der Initiator der Unterschriftensammlung, exemplarisch für viele im Ort. Für alte Menschen, Kranke, Menschen mit einer Behinderung sei das eine unerträgliche Zumutung. Nach Höfingen mit seiner umständlichen Parksituation im Ortskern mit dem Auto zu fahren, koste nicht nur Zeit und Fahrgeld, sondern auch zusätzliche Fahrkilometer. Sich mit dem Bus der Linie 651 auf den Weg nach Höfingen zu machen, sei eine halbe Weltreise, die über den Leonberger Bahnhof führt. „Da ist man schon mit dem 653, der alle halbe Stunde fährt, schneller in Rutesheim“, rechnet der 82-Jährige vor. Sein Vorschlag: Die Filiale in Gebersheim ein oder zweimal in der Woche ganztägig zu öffnen.

Örtliche Läden leiden

„Wer nach Höfingen fährt, um seine Bankgeschäfte zu erledigen, kauft dort auch Lebensmittel und Dienstleistungen ein“, gibt Martin Epple zu bedenken. Er ist schon immer ein Kämpfer für eine gute örtliche Infrastruktur gewesen. Damit seien auch der Gebers-Landmarkt, die Bäckerei und das benachbarte Haarstudio wirtschaftlich gefährdet. Zudem hätten diese keine Möglichkeit, an Wechselgeld zu kommen und ihre Einnahmen in der Bank einzuzahlen. Die Volksbank Leonberg-Strohgäu ist den gleichen Schritt gegangen. Im Ort steht nur noch ein Bankautomat.

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Auch der Gebersheimer Ortschaftsrat war mit dem Thema bei der Kreissparkasse vorstellig. Die Freie-Wähler-Ortschaftsrätin Regina Paulik hatte als Sprecherin des Gremiums – gemeinsam mit Ortsvorsteher Wolfgang Kühnel – ein Treffen mit Michael Fritz, Vorstandsmitglied der Bank, und Steffen Killian, der den Geschäftsbereich Privatkunden Leonberg verantwortet, organisiert. „Wie Wellen an einer felsigen Brandung sind unsere Argumente zerschellt“, lautete das ernüchternde Fazit von Regina Paulik.