Der neue Kreisapfelsaft ist abgefüllt. Er ist ein Beitrag zum Erhalt der regionalen Streuobstlandschaft.

Weil der Stadt - Nirgends wird so viel Saft getrunken wie in Deutschland. Rund 32 Liter Fruchtsaft pro Kopf konsumieren die Bundesbürger im Schnitt im Jahr, davon mehr als sieben Liter Apfelsaft. Während sich jeder der rund 385 000 Einwohner des Kreises Böblingen 2018 auf 1,2 Liter Apfelsaft von heimischen Streuobstwiesen freuen durfte, müssen sich heuer vier eine Flasche teilen: Lediglich 110 000 Liter Kreisapfelsaft konnten in diesem Herbst abgefüllt werden.

 

„Nach der großen Ernte im letzten Jahr kam es dieses Jahr zu einem schlechten Blütenansatz; die andauernde Trockenheit hat die Situation dann zusätzlich verschärft“, sagt Manfred Nuber, Fachberater für Obst- und Gartenbau beim Landkreis Böblingen, zur mäßigen Ernte.

Der Kreisapfelsaft – eine Erfolgsgeschichte

Gemeinsam mit der Streuobstkönigin Nina Krippentz und dem stellvertretenden Landrat Martin Wuttke hat Manfred Nuber den neuen Jahrgang auf der Streuobstwiese von Frank Beisswenger zwischen Schafhausen und Weil der Stadt vorgestellt.

Er ist einer der rund 470 Obstbauern, die aktuell beim Landkreis unter Vertrag sind und deren Obst für den Kreisapfelsaft gepresst wird. Dieses Jahr kamen rund 150 Tonnen Obst zusammen – das ergibt etwa 110 000 Liter Kreisapfelsaft. 2018 konnten 500 000 Liter erzeugt werden.

„Die Geschichte des Kreisapfelsafts ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Martin Wuttke. „Wir bieten seit 1998 ein regional erzeugtes Produkt, unterstützen die, die es herstellen und damit unsere Streuobstwiesen pflegen, und tragen so zum Erhalt der Kulturlandschaft bei.“

Im Verkaufsregal behauptet sich dieser im breiten Segment der Fruchtsäfte. „Der Rückgang 2019 entspricht aber dem allgemein zurückgehenden Marktanteil von Apfelsaft“, sagt Wuttke. „Wir müssen immer weiter das Bewusstsein schüren, dass jeder mit dem Kauf des Kreisapfelsafts einen fairen Preis an die Erzeuger zahlt und die eigene Kulturlandschaft unmittelbar unterstützt und schützt.“

1000 Obstgrundstücke unter vertrag

Aktuell sind rund 1000 Obstgrundstücke beim Landkreis Böblingen unter Vertrag, was einer Fläche von rund 190 Hektar oder ungefähr 8700 Streuobstbäumen entspricht. Die Erzeuger erhalten für das Obst einen Aufpreis von 7,50 Euro pro Doppelzentner, den der Verbraucher über den Preis mit finanziert.

„Wir verpflichten uns im Gegenzug, unsere Streuobstwiesen nachhaltig und ökologisch zu pflegen und so langfristig zu erhalten“, erläutert Frank Beisswenger, der die Tradition von seiner Mutter Hilde übernommen hat. In diesem Jahr wäre der marktübliche Preis acht Euro pro Doppelzentner gewesen über die Kreis-Apfelsaftinitiative wurden 15,50 Euro bezahlt. Fachberater Nuber, selbst Obstproduzent weiß aus Erfahrung: „Ohne vernünftigen Ertrag geht die Wertschätzung verloren und die Bewirtschafter verlieren die Freude an ihrer Arbeit.“

Nuber: Artenvielfalt steigern

Ein wichtiger Nebeneffekt des Ganzen, ist der Erhalt der Artenvielfalt. „Streuobstwiesen sind schon grundsätzlich sehr artenreich, denn sie bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen, die das Freiland, aber auch solche die den Waldrand vorziehen. Diese Artenvielfalt gelte es aber zu steigern, empfiehlt Nuber.

„Die Obstwiese muss nicht immer schwäbisch-ordentlich aufgeräumt sein“, sagt Nuber. Ein abgestorbener Baum müsse nicht sofort gerodet werden. „Als Totholz kann er noch lange Insekten, Vögeln oder dem Mauswiesel als Nahrungsquelle oder Behausung dienen.“ Auch Reisig- oder Steinhaufen, Insektenhotels und Vogelnistkästen sind eine Hilfe.

Mit dem Baywa-Markt in Weil der Stadt konnte jüngst auch eine neue Annahmestelle gefunden werden. Als Vertreter der etwa 80 Händler im Kreis, die den Saft anbieten, war Reinhold Frech von Getränke Maile in Weil der Stadt mit dabei. Und so stießen bei leckerem Zwiebelkuchen aus der örtlichen Bäckerei alle darauf an, gemeinsam für Naturschutz und sich selbst etwas Gutes tun zu können.