Wie soll die Bevölkerung im Notfall am besten informiert werden? Darüber sind Gemeinderäte und Verwaltungen bisweilen unterschiedlicher Meinung.

Strohgäu - Überflutung im Ahrtal. Das Wasser steigt und steigt, doch die Informationen über die nahende Katastrophe erreicht die Menschen nur spärlich, denn die Kommunikation über Smartphones – über eine App – funktioniert nur unzureichend. Davon jedenfalls sind die Fraktionen von CDU, Freie Wähler, Unabhängige Bürger (UB) und SPD im Ditzinger Gemeinderat überzeugt gewesen. Sie beantragten deshalb, die bisherige Strategie zur Warnung der Bevölkerung zu überprüfen. Dafür sollten die im Katastrophenschutz tätigen Institutionen und Behörden beteiligt werden.

 

Zudem, so CDU, Freie Wähler und UB in ihrem gemeinsamen Antrag, solle die Installation moderner Sirenen geprüft werden. Die SPD ging in ihrem eigenen Antrag einen Schritt weiter. Sie forderte gleich, Sirenen im Stadtgebiet zu installieren. Klar wurde in der Diskussion auch, dass die Alarmierung in den Randlagen kreisübergreifend funktionieren müsse.

Nicht alle Kommunen haben noch Sirenen

Durch das interfraktionelle Vorgehen war die Verwaltung überstimmt. Sie hatte noch vor wenigen Monaten argumentiert, die Installation von Sirenen sei nicht notwendig, da moderne Medien wie entsprechende Apps auf dem Smartphone schneller und von größerer Reichweite seien.

Einige der 39 Kommunen im Landkreis haben, wie Ditzingen, keine Sirenen mehr: Ludwigsburg, Kornwestheim, Korntal-Münchingen, Marbach, Vaihingen, Freiberg und Oberstenfeld – mit Ausnahme von Gronau und Prevorst – sowie in der Stadt Bietigheim-Bissingen die Stadtteile Bissingen und Untermberg. Und Eberdingen ist mit seinen Sirenen nicht ans allgemeine Katastrophenalarm-Netz angeschlossen.

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Auch in Korntal-Münchingen kam der Antrag, Sirenen zu installieren, vor wenigen Wochen aus den Reihen des Gemeinderats, konkret: von der CDU-Fraktion. Deren Vorsitzender Oliver Nauth fordert eine Infrastruktur, die alle Menschen alarmiert – nicht nur die, die über Warnapps, Radio und Fernsehen zu erreichen seien. Die Stadtverwaltung sieht das anders: „Wir halten den aktuellen Warnmix aus Radio, Fernsehen und Internet für ausreichend“, sagt der Ordnungsamtsleiter Matthias Beck. Auch sei unklar, auf welche Gefahrenlage der Ton der Sirene hinweise, denn er klinge immer gleich. Auch wenn es zu spät war, dass sich die Stadt ins aktuelle Förderprogramm aufnehmen lässt – der Gemeinderat überstimmte die Verwaltung. Wie viele Sirenen die Stadt wann anschafft, ist noch offen.

Die Mittelzuweisung erfolgt durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe an die Länder und ist laut den Ditzingern aufgeteilt auf die Haushaltsjahre 2021 und 2022 in zwei Teilbeträgen.

Kein Geld für Hemmingen

In der Nachbargemeinde Hemmingen gibt es bisher eine Sirene auf der Gemeinschaftshalle. Dort war es allerdings die Verwaltung, die sich des Themas annahm: Geht es nach dem Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU), erhält der Ort eine zweite Sirene. Aber nur mit Fördergeldern – und die bleiben der Gemeinde bisweilen verwehrt. „Wir haben die schriftliche Aussage bekommen, dass nach jetzigem Stand für eine positive Bescheidung unseres Antrags keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen“, sagt die Bauamtschefin Sonja Widmann. Man finde es schade, dass es zwar ein Förderprogramm gebe, dann aber zu wenig Fördermittel vorhanden seien. Die zweite Sirene, sagt Sonja Widmann, hätte eine flächige Abdeckung von Hemmingen gewährleistet.

Ditzingen wartet auf eine endgültige Antwort. Die erste Tranche sei vor Weihnachten beschieden worden. „Laut dem Regierungspräsidium erhält die Stadt Ditzingen voraussichtlich einen positiven Bescheid in der zweiten Tranche“, teilt die Rathaussprecherin mit. Doch „ob tatsächlich, wann genau und wie viel es im positiven Fall sein wird, ist noch nicht bekannt“.

Aus Sicht der Verwaltung ist zudem eine Lösung in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt sinnvoll, „um eine kreisweite abgestimmte Lösung zu schaffen. Der Landkreis sieht laut seinem Sprecher Synergien bei der Planung und Beschaffung der Sirenen. Aus diesem Grund habe der Landkreis im vergangenen Herbst außerdem eine kreisweite Planung der idealen Standorte für Sirenen für alle Kommunen im Landkreis beauftragt. Von dieser Planung profitierten alle Kommunen. Auch will die Behörde bei der Ausschreibung den Gemeinden eine koordinierende Rolle anbieten. Um sich abzustimmen, wolle man in den kommenden Tagen auf die Kommunen zugehen.