Erneut gerät ein Auto auf der Problemstrecke in den Gegenverkehr – dieses Mal in Magstadt.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Kreis Böblingen - Man hat sich an die Schlagzeilen über die B 464 schon fast gewöhnt: Ein Auto kommt auf die Gegenfahrbahn, es kracht, Wrackteile fliegen durch die Gegend, Rettungskräfte bergen Schwerverletzte oder Tote aus ihren zertrümmerten Fahrzeugen. Der jüngste Unfall am Freitag forderte keine Toten, aber zwei Frauen wurden schwer verletzt. Ein Unglück aber, das erneut verdeutlicht, dass dringend etwas für die Sicherheit der Strecke gemacht werden muss.

 

Eine 56 Jahre alte Frau war am Freitagfrüh mit ihrem Citroën Berlingo laut der Polizei aus unbekannten Gründen auf die Gegenfahrbahn geraten. Dort wäre sie fast mit einem Fahrzeug des Winterdienstes zusammengestoßen, dann aber prallte sie frontal auf den Wagen einer 39-Jährigen. Die Unfallverursacherin wurde in ihrem Auto eingeklemmt, beide Frauen erlitten schwere Verletzungen. Die B 464 wurde für drei Stunden gesperrt.

Immer wieder ähnliche Unfälle

Nach ähnlichem Muster passierten im vergangenen Jahr schon mehrere Unfälle. Ein BMW-Fahrer krachte am 9. Dezember bei Renningen in den Gegenverkehr, sein Wagen wird in einen Tanklaster geschleudert – er wurde tödlich verletzt. Eine 57-Jährige kam am 29. November in Maichingen auf die Gegenspur und prallte gegen einen Autotransporter. Der Fahrer verlor die Kontrolle und donnerte in zwei weitere Autos. Drei Menschen starben. Eine 18-Jährige kam im Juli auf die Gegenfahrbahn, als sie ihr Navi aufheben wollte, das heruntergefallen war. Sie rammte einen Motorradfahrer. Auch er: tot. Fünf Todesopfer in sechs Monaten, und jedes Mal war ein Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn geraten.

Landrat Roland Bernhard hat die Probleme der B 464 identifiziert. Aus seiner Sicht sei die Straße für die dortige Verkehrsdichte zu klein dimensioniert. Die Fahrzeugzahlen könnten steigen, wenn der Ausbau der A 81 begonnen hat und dort der Verkehr stockt oder steht. Die B 464 verbindet die A 81 und die A 8. Schon jetzt wird sie als Ausweichstrecke genutzt. Der Ausbau der A 81 beginnt in diesem Jahr und dauert bis 2026 umgebaut und überdeckelt wird. „Eine langfristige Verbesserung der Sicherheit auf der B 464 können nur bauliche Maßnahmen erreichen“, sagt Bernhard.

„Runter vom Gas“

Nach seiner Vorstellung soll die Straße auf zwei Spuren pro Fahrtrichtung ausgebaut werden und eine Mittelleitplanke die Richtungsfahrbahnen trennen. Das Problem: Weil es sich um eine Bundesstraße handelt, ist der Bund zuständig. Der Landkreis musste sich mit kleineren Maßnahmen behelfen. „Runter vom Gas“ liest man derzeit etwa auf vier großen Plakaten am Straßenrand, wenn man auf der B 464 an Sindelfingen vorbeifährt, oder „Abstand halten!“. Hinter den Schriftzügen schauen ernste Kindergesichter hervor.

Die Banner ließ das Landratsamt nach dem letzten tödlichen Unfall im Dezember aufstellen. Damit sollte an die Autofahrer appelliert werden, ihre Fahrweise anzupassen, sagte Bernhard damals. Dazu wurde das Überholverbot mittels durchgehender Mittellinie ausgedehnt, und die Geschwindigkeitskontrollen sollen verstärkt werden.

Um größere Maßnahmen anzugehen – also zweispuriger Ausbau und Mittelleitplanke – braucht Bernhard den Bundesverkehrsminister. Deswegen wandte sich der Landrat mit einem Brief an Andreas Scheuer (CSU). „Ich bitte Sie, Mittel für etwaige bauliche Veränderungen zur Verfügung zu stellen“, schrieb Bernhard (wir berichteten). Dazu gab der Böblinger Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz (CDU) an, mit dem Verkehrsministerium Kontakt wegen der B 464 aufgenommen zu haben.

„Man wird dranbleiben“

Die alarmierende Häufung schwerer Unfälle auf der B 464 dürfte also in Berlin angekommen sein. Von einer Rückmeldung ist noch nichts bekannt. „Während der Feiertage hat sich nichts getan“, heißt es aus dem Landratsamt. Allerdings befindet sich Landrat Bernhard noch im Urlaub. Und wie soll es danach weitergehen? Anfang des Jahres will das Landratsamt gemeinsam mit der Polizei, dem Stuttgarter Regierungspräsidium und den Städten Böblingen und Sindelfingen zusammenkommen und weitere Schritte abstimmen. Man sei bestrebt, Lösungen zu finden, sagt Simone Hotz, die Sprecherin im Landratsamt. Und: „Man wird sicher dranbleiben.“