Jugendgemeinderäte liegen immer noch im Trend. In Renningen funktioniert dieser seit sieben Jahren. Andere Kommunen setzen auf offene Beteiligungsformen. In Weil der Stadt versucht man eine Zwischenlösung: einen Jugendbeirat.

Kreis Böblingen - Auch fast 30 Jahre, nachdem Mitter der 80er-Jahre in Filderstadt und Weingarten die ersten Jugendgemeinderäte (JGR) im Land gegründet wurden, erfreuen sich diese Formen repräsentativer Demokratie großer Beliebtheit. Landesweit gibt es 60 solcher Gremien, in der Region Stuttgart immerhin 19. Manche Kommunen entscheiden sich auch gegen solche institutionalisierten Formen, in Weil der Stadt wird demnächst ein Mischmodell ausprobiert.

 

Beginnen wir mit dem klassischen Jugendgemeinderat, wie es ihn etwa in Renningen, Böblingen oder Sindelfingen gibt. Lukas Knorreck ist 17 Jahre alt, geht auf das Renninger Gymnasium und sitzt seit drei Jahren im Jugendparlament. „Natürlich denkt man erst einmal: das sind viele Termine, alle sechs Wochen Treffen, dazu Ausschüsse, Veranstaltungen“, räumt er ein. Doch als Jugendräte durch die Klassen gingen, hat er sich fesseln lassen von der Idee. So ging es insgesamt 35 weiteren Teenagern, die schließlich 18 Sitze bei der Wahl auf zwei Jahre besetzt haben.

Budget von bis zu 10000 Euro

Das Gremium hat ein Budget von 2500 Euro, ein Antrags- und Rederecht im Gemeinderat und wird von den „erwachsenen“ Kommunalpolitikern durchaus ernst genommen. „Der Bürgermeister Wolfgang Faißt unterstützt uns sehr stark“, sagt Lukas Knorreck. Aktuell arbeite man daran, eine Dirtbike-Strecke zu bauen, einen Schlammparcours für Mountainbikes. Die Stadt hat ihnen ein 700-Quadratmeter-Areal gestellt. Zudem wurde eine U-18-Wahl organisiert, bei einer Diskussion mit den Wahlkreiskandidaten wurde die Bundestagswahl simuliert. Auch an einem Mini-Fußballfeld in einem Stahlkäfig wird gearbeitet. „Wir haben schon einiges erreicht“, sagt Knorreck. Seit 2002 gibt es den JGR, eine „Generation“ feuert die nächste an. Denn natürlich ist es leichter, wenn es schon engagierte Jugendliche und vorzeigbare Projekte gibt.

Ganz ähnlich sieht es in Böblingen oder Sindelfingen aus. In der Kreisstadt gibt es schon seit 2006 ein solches Gremium, immerhin mit 5000 Euro Etat. „Die Initiative ging von den Jusos aus“, erinnert sich Dilnaz Alhan, die in Böblingen im Rat sitzt und gleichzeitig Vorsitzende des JGR-Dachverbandes im Land ist. In Sindelfingen war es schwierig, das Jugendparlament zu etablieren, weil der Stadtjugendring und Teile des Gemeinderates skeptisch waren. In diesem Jahr wurde er zum ersten Mal gewählt, und hat mit 10 000 Euro einen Etat, der landesweit wohl mit zu den höchsten zählt. Das Gegenmodell wird in Herrenberg praktiziert: eine offene, freie Jugendbeteiligung, ohne Verpflichtung auf zwei Jahre, ohne starre Gremien, die oft abschreckend wirken. Der Stadtjugendreferent Heiko Bäßler organisiert Foren und Ideenwerkstätten für die Stadtentwicklung. Schüler können sich an einem Projekt beteiligen und dann wieder abspringen.

„Jede Stadt muss ihre Lösung finden“

Dilnaz Alhan vom Dachverband sagt: „Jede Stadt muss selbst ihre Lösung finden.“ Aber nur ein Jugendgemeinderat mit festen Rechten könne die Teenager tatsächlich an die Demokratie heranführen, findet die 21-jährige Jura-Studentin. Dem Renninger JGR-Vorsitzenden Lukas Knorreck sind diese Formen zu unverbindlich. Andererseits räumt er ein, dass es schwierig sei, einen Rat ganz neu zu gründen.

In Weil der Stadt wagt man sich an ein Zwischenmodell. Ein Anlauf für einen Jugendgemeinderat ist gescheitert, nur drei Interessenten waren am Ende dabei. Ein Jugendbeteiligungstag hat zwar mehr Teilnehmer angelockt, doch es entstand wenig Konkretes dabei. „Weder die ganz offenen Formen noch die festen funktionieren bei uns“, erklärt der Initiator Maximilian Frank. Daher schlägt er vor, einen „Jugendbeirat“ zu etablieren, ein Kompromiss zwischen beiden Strukturen. Die Beiräte werden an den Schulen gewählt, ein bis zwei pro Einrichtung für drei bis vier Sitzungen pro Jahr, in den Sitzungen sollen auch das Jugendbüro, das Stadtjugendreferat oder Vereine eingebunden werden. Maximilian Frank ist von dem Modell überzeugt: „So sind wir weder zu unverbindlich noch zu starr.“ In Weil der Stadt betrete man damit landesweit Neuland. Beim JGR-Dachverband ist Dilnaz Alhan indes sicher: „Jugendgemeinderäte liegen im Trend.“