Obwohl die Energiekosten sinken und die Inflation niedrig ist, will der Verkehrsverbund zum 1. Januar erneut die Fahrpreise um 2,5 Prozent erhöhen. Dagegen regt sich im Kreistag massiver Unmut – so massiv, dass der Landrat um die Zustimmung bangt.

Kreis Böblingen - Der Rutesheimer Bürgermeister Dieter Hofmann (Freie Wähler) ist niemand, der nur um des Showeffekts willen große Wellen schlägt. Aber jetzt ist ihm im Verkehrsausschuss des Kreistages doch der Kragen geplatzt. „Es ist jedes Jahr das gleiche Prozedere“, sagt er zu den regelmäßigen Preisaufschlägen beim VVS. „Aber für mich ist heute Schluss.“ Obwohl die Energiekosten sinken und die Inflation niedrig ist, will der Verkehrsverbund zum 1. Januar erneut die Fahrpreise um 2,5 Prozent erhöhen. Dagegen regt sich im Kreistag massiver Unmut – so massiv, dass der Landrat zeitweise um die Zustimmung bangt.

 

Auch die anderen Kreisparlamente diskutieren über die Erhöhung. Ludwigsburg hat mit Zähneknirschen zugestimmt, Esslingen tagt am Donnerstag, der Rems-Murr-Kreis am Montag. Die Gesellschafterversammlung des VVS entscheidet aber schon am heutigen Mittwoch, also vor einigen der Gremien. Ein Veto-Recht haben die Kreistage nicht – die Verkehrsunternehmen entscheiden darüber alleine (siehe Info). „Die Kreise können jedoch verlangen, dass die Erhöhung nicht oder mit einem geringeren Volumen umgesetzt wird“, erklärt Horst Stammler, der Geschäftsführer des VVS.

Allerdings müssten sie dann auch die Differenz bezahlen– aus ihrem Kreishaushalt. Kein Wunder, dass der Böblinger Landrat im Verkehrsausschuss nicht nur wegen der Hitze ziemlich ins Schwitzen geraten ist. Denn eine Zahl sorgt bei den Kreisräten für besonderen Ärger. Der VVS selbst listet in einer Tabelle auf, wie stark die Preise in den vergangenen Jahren gestiegen sind, im Schnitt immer zwischen zwei und drei Prozent. Und wie die Einnahmen dann tatsächlich angestiegen sind: zwischen vier und fünf Prozent pro Jahr. Das erscheint manchen Kritikern zu üppig, um trotzdem gleichzeitig jedes Jahr die Fahrpreise so deutlich anzuheben.

Der Kreisrat Thomas Rott (CDU) etwa ist empört: „Wenn ich als Unternehmer in einem Jahr fünf Prozent mehr Erlöse bekomme, kann ich doch nicht im nächsten Jahr wieder 2,5 Prozent mehr verlangen.“

FDP-Mann Dieter Maurmaier geht noch einen Schritt weiter . Der Leonberger hält das Tarifsystem schon jetzt für zu teuer und zu kompliziert. „In Hamburg hat der ganze Großraum vier bis fünf Zonen, für 3,10 Euro kommt man einmal ganz durch“, erklärt er. In der Region Stuttgart gebe es mehr als 90 verschiedene Tarifzonen, und die Durchfahrt koste ein Vielfaches: „Das wird einfach zu teuer.“

Gerade Familien und Menschen mit niedrigem Einkommen kämen hier nicht mehr mit – darauf verweist auch der Grünen-Rat Klaus Sindlinger. Und natürlich darf das Dauerthema S-Bahn-Verspätungen nicht fehlen – Manfred Ruckh (SPD) fordert: „Hier muss sich etwas ändern.“

Der VVS-Teamleiter Martin Schugt, der im Kreistag für den Verbund spricht, muss einräumen: „Das Marktumfeld ist schwierig. Andere Verbünde lassen die Preise stabil oder senken sie gar.“ Doch die Personalkosten der Verkehrsunternehmen seien deutlich gestiegen, das hätten diese transparent nachgewiesen. „Das drohende Defizit der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) und das Bauprojekt Stuttgart 21 spielen keine Rolle“, versichert Schugt.

Noch ein Punkt stößt den Politikern sauer auf: fehlende Kostenkontrollen. Jens-Uwe Renz (Grüne) fragt nach: „Wie werden die Kosten der Unternehmen überprüft?“ Die Antwort des VVS-Teamleiters Schugt: „Daran haben die Unternehmen selbst ein Interesse.“ Es herrscht Unruhe im Saal. Es wird eng: Mit 7:6 Stimmen bei fünf Enthaltung geht die Fahrpreiserhöhung ganz knapp durch. Nur die SPD stimmt geschlossen: sie enthält sich.