Die Umweltaktivisten von Fridays for Future Herrenberg und Weil der Stadt fühlen den Landtagskandidaten im Wahlkreis Leonberg auf den Zahn.

Kreis Böblingen - Beim Stichwort „Schattenpreis für CO2-Emissionen“ ist an diesem Abend für einen kurzen Moment mit Händen greifbar, welche beiden Kandidaten im Wahlkreis Leonberg bei der kommenden Landtagswahl am 14. März um das Direktmandat konkurrieren werden. Sabine Kurtz, die CDU-Herausforderin, sieht bei diesem Thema ihre Chance gekommen, den jungen Kandidaten der Grünen und Nachfolger von Bernd Murschel, in die Enge zu treiben – wenn auch nur ein wenig.

 

Der 28-jährige Peter Seimer hatte kurz zuvor während der Fragerunde zum Themenschwerpunkt „Energiewende“ auf die Einführung eines Schattenpreises für die öffentliche Verwaltung im Land von 180 Euro je Tonne CO2 verwiesen. „Da könnte die öffentliche Hand als gutes Beispiel vorangehen“, argumentierte Seimer.

Kurtz hält nichts von allgemeiner CO2-Besteuerung

Dass dieses Geld, anders als es Kurtz vorschlägt, nach dem Dafürhalten des Grünen dann aber schon rein rechtlich nicht in die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg fließen dürfe, sondern nur in den allgemeinen öffentlichen Haushalt, hält Kurtz für wenig zielführend. Ihre Begründung: Die dadurch frei werdenden Mittel könnten, so die CDU-Landtagsabgeordnete aus Leonberg und Vize-Landtagspräsidentin, in diesem Fall auch für den Straßenbau oder andere ökologieferne Maßnahmen verwendet werden. Und weil an dieser Stelle zum ersten Mal während der insgesamt rund zweistündigen digitalen Podiumsdiskussion der politische Streit ein bisschen Fahrt aufnimmt, legt die CDU-Kandidatin prompt nach: Die Forderung der Grünen nach einer allgemeinen CO2-Besteuerung, so Kurtz, komme einer Forderung nach mehr Steuern für den Bürger gleich. Ja, entgegnete da der Grüne Peter Seimer kühl, aber eben nur für den, der auch viel verbrauche.

Es war ein wenig wie Schattenboxen um den Schattenpreis: Zu diesem Zeitpunkt hatten auf Einladung von Fridays for Future Herrenberg und Weil der Stadt die beiden jungen Moderatoren Jannis und Helena die Landtagskandidaten von SPD, FDP, Linken, Grünen und CDU aus dem Wahlkreis Leonberg bereits knapp anderthalb Stunden auf den umweltpolitischen Zahn gefühlt. „Nett hier, aber wie wär’s mit Klimagerechtigkeit“, lautet das Motto der jungen Bewegung für die am 14. März anstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg.

Übertragung auf Youtube

Jetzt waren die Bewerber im Wahlkreis Leonberg also an der Reihe, den Umweltaktivisten die ökologische Gretchenfrage zu beantworten: Wie hältst du es mit dem Klimaschutz? Eingeladen, ihre Standpunkte zu vertreten, waren neben Sabine Kurtz und Peter Seimer der Kandidat der Linken, Robert Schacht, der Landesgeschäftsführer der Jusos und Renninger Gemeinderat Jan Hambach (SPD) sowie Hans Dieter Scheerer aus Weil der Stadt (FDP). Letzterer ließ sich durch den Aidlinger Gemeinderat Daniel Schmidt vertreten. Übertragen wurde die digitale Podiumsdiskussion via Youtube.

Weniger abstrakt und regionaler angebunden als das Thema CO2-Bepreisung und Zertifikatehandel, dem der FDP-Vertreter gleich mehrmals das Wort redete, war dann das Streitthema Verkehr. Jan Hambach forderte neben der Einführung eines 365-Euro-Jahresticket in ganz Baden-Württemberg auch die Verringerung der Zahl der Verkehrsverbünde im Land: „Das macht den ÖPNV bislang sehr kompliziert und teuer“, argumentierte der 26-Jährige.

Mehr Geld in die Schiene heißt für den SPD-Kandidaten ganz konkret: Verlängerung der U-Bahn von Gerlingen nach Leonberg und Erweiterung der Bahnlinie über Jettingen nach Herrenberg.

SPD und Grüne sind sich einig

Dass die beiden vergleichsweise jungen Kandidaten von Grünen und SPD in nahezu allen Punkten durch gegenseitige Zustimmung ostentative Einigkeit signalisierten, deutet zugleich an, wo Hambach und Seimer die Wunschpartner für eine künftige Regierungskoalition im Land politisch verortet sehen.

Beim Themenschwerpunkt Landwirtschaft betonte Sabine Kurtz die Klimaschutzfunktion von gesunden Wäldern und sieht hier insbesondere die Holzwirtschaft als wichtigen Baustein: „Mir ist es wichtig, die Ressource Holz zu nützen“, sagte die Leonbergerin. „Wir wollen uns deshalb für eine Wiederbewaldungsprämie einsetzen.“

Der Landtagskandidat der Linken, Robert Schacht, forderte vom Land Baden-Württemberg Zuwendungen um die kleinbäuerliche Struktur, wie sie zum Beispiel im Heckengäu vorherrscht, zu unterstützen. „Die Subventionswirtschaft der EU und des Bundes richtet sich gegen die kleinen Bauern“, betonte er.

Daniel Schmidt von der FDP mahnte in diesem Zusammenhang vor allem einen „maßvollen Umgang mit regulatorischen Hürden“ an: „Sonst zerstören wir damit viele kleine Betriebe.“ Für den Liberalen Schmidt ist „vernünftige Landwirtschaft gelebter Naturschutz“.