Die Krankenhäuser bereiten sich auf eine steigende Zahl von Covid-Patienten vor. Operationen werden abgesagt.

Böblingen - Die Krankenhäuser im Kreis Böblingen ziehen Konsequenzen aus der steigenden Zahl an Corona-Patienten. Deshalb werden die Behandlungskapazitäten schnellstmöglich ausgeweitet und von dieser Woche an verschiebbare Operationen ausgesetzt. Dadurch sollen die Intensivstation entlastet werden – und das Personal.

 

Wer zu Beispiel ein künstliches Gelenk braucht oder Krampfadern und Gallenblasen entfernt haben möchte, könnte wieder warten müssen. Denn an diesem Montag beginnen die Krankenhäuser in Böblingen, Sindelfingen, Leonberg und Herrenberg wieder damit, verschiebbare Operationen abzusagen – vorerst bis Ende November. „Im Gegensatz zur ersten Pandemiewelle wird der Betrieb aktuell nun auch vermehrt durch Personalausfälle eingeschränkt“, erklärt Martin Loydl, Chef des Klinikverbunds Südwest. Allein im Oktober seien rund 80 Fachkräfte ausgefallen, weil sie in Quarantäne mussten. „Das aufzufangen ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein immensen Kraftakt“, sagt Loydl.

Auf 85 Beatmungsplätze will der Verbund erweitern

Ziel sei es jetzt, in den kommenden Tagen Ärzte und Pfleger, die bislang noch in der Regelversorgung gebunden waren, mit in der Betreuung von Covid-Patienten einzusetzen. Momentan verfügt der Klinikverbund in den Kreisen Böblingen und Calw über 70 Intensivbetten, die aber gerade personalbedingt nicht vollständig betrieben werden können. Die nächste Ausbaustufe sieht eine Erweiterung auf 85 Beatmungsplätze vor. „Dafür sind aber zusätzliche qualifizierte Mitarbeiter erforderlich“, sagt ein Kliniksprecher. „Dabei soll auch auf externes Personal zurückgegriffen werden.“ Der Verbund will die freiwilligen Helfer wieder anfordern, die bereits im April und Mai im Einsatz waren. Fast 550 Fachkräfte aus dem medizinisch-pflegerischen Bereich sowie weitere 120 aus unterschiedlichsten Berufsgruppen hatten sich damals gemeldet.

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Die ambulanten Sprechstunden, die Notfallversorgung, die geburtshilfliche Versorgung sowie alle medizinisch erforderlichen und dringlichen Behandlungen und Operationen werden angeboten, etwa bei Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs oder Verletzungen. Um die Patientensicherheit zu erhöhen und die Belegschaft besser zu schützen setzt der Klinikverbund zukünftig neben den bewährten Corona-Tests vermehrt auf Antigentests, sogenannte Schnelltests. Mitarbeiter, die in Corona-Bereichen arbeiten, können sich einmal in der Woche vorsorglich testen lassen.

Es fehlt Geld

Klar ist, dass dem Verbund mit der Absage von Operationen auch Geld fehlt. Die Eigentümer der Krankenhäuser, die Kreise Böblingen und Calw, sind mit der Strategie aber einverstanden. „Deshalb lautet unser Appell an die Politik: Der Bund muss den Rettungsschirm für die Kliniken neu spannen“, sagt Böblingens Landrat Roland Bernhard. Am Wochenende hatte auch Uwe Janssen, der Bundesvorsitzende Vereinigung Intensiv- und Notfallfallmedizin (Divi) gefordert, dass Krankenhäuser aus dem Regelbetrieb aussteigen.

Im Kreis Böblingen wurden am Wochenende 65 Patienten mit Covid-19 behandelt. Davon lagen neun Patienten auf den Intensivstationen, sechs davon wurden beatmet – eine Verzehnfachung in einem Monat. Die Infektion breitet sich derweil weiter aus. Die Inzidenz, also die Ansteckung in einer Woche pro 100 000 Einwohner, lag laut dem Landesgesundheitsamt am Sonntagabend im Kreis Böblingen bei 190,4.