Der Leonberger Jugendausschuss startet ein Pilotprojekt am Johannes-Kepler-Gymnasium und stattet dort die Damen-WCs mit Hygiene-Boxen aus.

Leonberg - Es ist ein Tabuthema, das junge Menschen in Leonberg endlich mehr in die Öffentlichkeit tragen wollen. Im Jugendforum des Jugendausschusses ist in einer der Projektgruppen die Idee aufgekommen, kostenlose Periodenprodukte wie hygienische Binden oder Tampons in öffentlichen Toiletten anzubieten. „Um die Umsetzbarkeit und Kosten dieses Projekts besser beurteilen zu können, starten wir mit einem Pilotprojekt im Johannes-Kepler-Gymnasium, wobei in allen Frauentoiletten Boxen mit den verschiedenen Produkten und einem Gewissensschild installiert werden“, sagt Luzian Häbe, einer der drei geschäftsführenden Sprecher des Jugendausschusses.

 

Für mehr Toleranz werben

Das Thema zur Sprache gebracht hatte die 16-jährige Felicitas Schwarzhaupt, Schülerin am Leonberger JKG und Mitglied des Jugendausschusses. „Die Menstruation ist etwas Intimes, worüber Frauen nicht gerne reden. Wir wollen das präsenter machen und für mehr Toleranz, auch bei den Jungs, werben.“ Zuletzt habe man sich in der Schülerschaft einige Gedanken darüber gemacht. „Wir wollen, dass Periodenprodukte keine Luxusprodukte sind, doch immer wieder hört man, dass es manche Familien gibt, die sich das gar nicht leisten können“, sagt Felicitas Schwarzhaupt.

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Die sogenannte Tamponsteuer, die in Deutschland sämtliche Damen-Hygieneprodukte mit 19 Prozent besteuerte, war in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert worden. Gegner argumentieren, dass Tampons und Binden zum Grundbedarf von Frauen gehören. Die Steuer wurde Anfang 2020 zwar auf sieben Prozent gesenkt, doch danach zogen viele Hersteller ihre Preise an. Kanada, Irland, Australien und Kenia befreiten Menstruationsprodukte ganz von dieser Steuer. Als erstes Land der Welt hat Schottland im November 2020 ein Gesetz erlassen, wonach Tampons und Binden allen, die sie brauchen, kostenlos zur Verfügung gestellt werden – beispielsweise in Schulen oder in Universitäten.

Vorreiterin in Flensburg

Die Debatte ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen, und einige Universitäten haben bereits ein entsprechendes Angebot. Eine Vorreiterin war die Europa-Universität in Flensburg. Und auch an Stuttgarts Universität ist im Jahr 2021 ein Pilotprojekt angelaufen.

Warum dieses Thema an Bedeutung gewinnen sollte? Viele Frauen bekommen ihre Menstruation unerwartet, sind vielleicht in dieser Phase unterwegs, haben keine Hygieneartikel parat und müssen mit einem unguten Gefühl improvisieren. Oder sie machen sich in dieser Situation wieder auf den Heimweg und versäumen damit Lernstoff an Schulen oder Universitäten.

Jungen Menschen gehen offen mit dem Thema um

In der Zwischenzeit haben mittlerweile auch Restaurants, Kneipen, manche Rathäuser oder öffentliche Einrichtungen dieses Hygiene-Angebot auf ihren Toiletten. Nun wollen auch in Leonberg junge Menschen offen mit dem Thema umgehen. Die ersten kostenlosen Periodenprodukte stehen ab sofort auf den Toiletten des Johannes-Kepler-Gymnasiums zur Verfügung.

Finanziert werden sie aus dem Budget des Jugendausschusses. „Geplant ist, dass die Putzkräfte das Auffüllen der Boxen übernehmen. Sie sorgen ja auch für das Toilettenpapier und für Handtücher“, sagt Felicitas Schwarzkopf. Und geht es nach den Initiatoren dieses Pilotprojekts, soll es nicht bei einem Versuch bleiben, sondern auch in anderen Schulen oder auch Sportstätten ausgeweitet werden.