Der britische Musiker Ian Parker rockt den Uhlenspiegel und lässt Erinnerungen wach werden.

Rutesheim - Langsam füllt sich der Uhlenspiegel, Spannung kommt auf, vor der Bühne versammeln sich Gäste. Die Atmosphäre ist entspannt. Runde Holztische, flackernde Kerzenmusik, alte Schilder und viele Instrumente an Wand und Decke, Football-Helme zieren die Bar. Das Publikum, in der Überzahl aus dem „Best Ager“-Segment, repräsentiert die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten, als die älteren Geschwister noch Manfred Sexauers Musikladen gebannt verfolgten, im Radio der Pop Shop lief und im Rockpalast alles auftrat, was Rang und Namen außerhalb von Schlager, Jazz und Klassik hatte. Hier findet der Fan, möchte man es ein wenig ironisch ausdrücken, lebende Fossilien aus alten Tagen, talentierte Bewahrer eines musikalischen Erbes.

 

Wild, elegant und melodisch

Dann geht es los, gleich mit einem satten Sound und gutem Groove. Mit Blues vom Feinsten kommt sofort Bewegung ins Publikum, der Einsatz der E-Orgel gibt einen leichten Hauch von Motown. Den Blues sieht man dem zierlichen Briten Ian Parker aber nicht sofort an. Eher akkurat kommt er daher, Sakko, Jeans, Turnschuhe, gepflegte Erscheinung. Er spielt mit geschlossenen Augen auf seiner Fender Stratocaster, wild und elegant, melodisch oder auch geradlinig, wie es eben gerade zum Stück passt.

Blues mit Pop

Parker ist nicht jedem sofort bekannt. Der Songwriter aus Birmingham, dessen klangvolle Stimme nicht nur eigene Kompositionen vorträgt, sondern auch Lieder seines Vorbilds Willie Dixon, trat bereits bei Eric Clapton, Jeff Beck und Peter Green auf. Er performt eine gekonnte Verschmelzung von sehr deutlichen Blues-Elementen mit weiteren Popmusikströmungen. Manchmal sind Einflüsse von Lou Reed oder Gray Moore nicht zu überhören, einzig an Britpop erinnern seine kraftvollen Töne nicht. Vom Publikum beinahe schon frenetisch beklatscht, heizen Chris Lomas (Bass), Chris Finn (Schlagzeug) und Morg Morgan (Keyboards) ordentlich ein.

Bundesweit haben es ein paar Musikclubs geschafft, sich dem Mainstream zu verweigern. Sie setzen auf handgemachte Livemusik vom Feinsten. So auch der Uhlenspiegel in Rutesheim, der mit schöner Regelmäßigkeit größere und kleinere Rock-, Pop-, Blues- oder Soullegenden auf die eher bescheidene Bühne bringt. Für wenig Geld.

Das Geheimnis des Veranstalters

Wie er an sie rankommt, darüber hüllt sich Manfred Uhle, der Chef des Lokals, allerdings in Schweigen. Dabei traten bei ihm schon Ian Paice (Deep Purple), Don Airey (Deep Purple), Iron Butterfly oder Carl Palmer (Emerson, Lake&Palmer) auf, sogar regelmäßig. Eine Chance für die Kinder der 60er und 70er, Idole ihres musikalischen Erwachsen-Werdens einmal wahrhaftig, quasi zum Anfassen, zu erleben. „Es ist alles familiär hier, das kommt den Bands zu Gute“, erklärt der etwas wortkarge Boss Uhle sein glückliches Händchen für die Musiker. Dass die Bude brummt, verwundert niemanden, auch wenn der Uhlenspiegel seit dem Umzug von Leonberg nach Rutesheim vor neun Jahren deutlich schwieriger zu erreichen ist.

Aber es lohnt sich, wie das Konzert am Samstagabend zeigt. Handwerklich sauber gespielter Bluesrock in klassischer Viererbesetzung, mit viel Platz für Soli, die auch alle gebürtig beklatscht werden. Unter der sternenklaren kalten Nacht neben dem Rutesheimer Wasserturm wird ordentlich gerockt – und es wird sicher nicht zum letzten Mal gewesen sein.