Im Fahrwasser des OB-Projekts „Stadt für morgen“ kann die Fraktion viele ihrer eigenen Inhalte umsetzen, kommentiert LKZ-Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Von Klimaschutz bis Diversität – grüne Themen haben Konjunktur. So kommt auch die Partei auf allen Ebenen mit einem gesunden Selbstbewusstsein daher. Von Berlin bis Stuttgart: Im Bund und in vielen Ländern sitzen die Grünen mit an den Schalthebeln der Macht, in Baden-Württemberg stellen sie gar den Regierungschef.

 

Heterogene Lage im Gemeinderat

Da wundert es nicht, dass die Grünen in vielen Stadtparlamenten die erste Geige spielen, so auch in Leonberg. Zwar gibt es auf kommunaler Ebene keine klassischen Bündnisse, wie wir sie aus dem Bundestag oder aus den Landtagen kennen. Aber wer die Mehrheit stellt, will Duftmarken hinterlassen. Was rund um den Engelberg nicht so einfach ist. Der Gemeinderat ist heterogen besetzt, der Einfluss von Freien Wählern und CDU beträchtlich. Auch SPD und FDP setzen wichtige Impulse. Entsprechend vielschichtig sind die Diskussionen, was oft zur Folge hat, dass sich die Entscheidungsprozesse hinziehen und schwierig sind.

Und da ist ja noch der Oberbürgermeister. Martin Georg Cohn hat ein SPD-Parteibuch, legt das aber nicht bei jeder Gelegenheit demonstrativ auf den Tisch. Im Gegenteil: Mit seiner Vision der „Stadt für morgen“ begibt er sich in grüne Gefilde: weniger Autos, mehr Räder und Busse, weniger Beton. Ein von den Grünen geforderter Klimaschutzmanager wurde eingestellt, das Thema Verkehr wird nicht im Planungsdezernat bearbeitet, sondern in dem vom OB ins Leben gerufenen und ihm direkt unterstellten „Referat für innovative Mobilität“.

Keine Radikalreformer

Kein Wunder, dass die Grünen den Oberbürgermeister bei seinem Kurs unterstützen. Bernd Murschel, ein gewiefter Taktiker mit 15 Jahren Landtagserfahrung, weiß, dass Cohn die Grünen braucht, um sein Zukunftsprojekt nach vorne zu bringen. Auf die anderen Fraktionen kann sich Cohn da nicht so sehr verlassen. Selbst seine eigene SPD erinnert ihn gelegentlich daran, doch bitte die „Stadt von heute“ nicht zu vergessen.

All das bringt die Leonberger Grünen in eine komfortable Position. Sie geben sich keineswegs als autohassende Radikalreformer, sondern als moderate Partner, die im augenscheinlichen Schulterschluss mit dem Rathauschef den ökologischen Umbau der Stadt vorantreiben.

Grüner OB-Kandidat in drei Jahren?

Ihre Unabhängigkeit geben sie dabei nicht preis. Denn OB-Partei wollen die Grünen nicht sein. Ist es doch gut möglich, dass sie in drei Jahren einen eigenen Kandidaten für den Chefsessel im Rathaus präsentieren. Was dem Amtsinhaber nicht recht sein kann, eben weil grüne Themen und Köpfe wohl noch eine Weile länger Konjunktur haben werden. Insofern dürfte das inhaltliche Zweckbündnis zwischen OB und der stärksten Fraktion weiter Bestand haben.