Leonberger Blickwinkel: Für die Mülltrennung im Kreis Böblingen braucht es fast ein eigenes Diplom. Der gelbe Sack ist aber nicht unbedingt die bessere Lösung.

Kreis Böblingen - Jeder Land- und Stadtkreis macht, was er will. Zumindest beim Thema Mülltrennung. Und das ist für den Bürger nicht immer logisch. Das ist die Quintessenz aus der Sendung „Mario Barth räumt auf“, die sich in dieser Woche mit dem Thema Mülltrennung in Deutschland befasste. Und in der eine Frau aus Höfingen auf die drei gänzlich unterschiedlichen Systeme in ihrer Nachbarschaft aufmerksam machte.

 

Schaut man sich die verschiedenen Systeme an, hat jedes seine Vor- und Nachteile. Und einfach ist nicht immer einfach. Am verbraucherfreundlichsten erscheint der gelbe Sack. Neben Bio- und Hausabfällen einfach eine dritte Tüte für Verpackungen aus Plastik, Blech und Verbundstoffen. Tüte auf, Müll rein. Jede oder jede zweite Woche wird abgeholt. Fertig. Die Kosten für die Entsorgung hat man ja ohnehin beim Kauf mit gezahlt.

Im gelben Sack landet zuviel Falsches

Doch Untersuchungen zeigen: Im gelben Sack landet zuviel, was da überhaupt nicht reingehört, etwa Gebrauchskunststoffe von der Gießkanne bis zum Kleiderbügel, aber eben auch reiner Restmüll. Zwischen 40 und 45 Prozent wird am Ende verbrannt, weil es nicht recycelbar ist. Außerdem setzt der gelbe Sack keinerlei Anreize, Müll zu vermeiden.

Ähnlich ist es auch beim System mit der runden und der flachen Tonne, die es im Kreis Ludwigsburg und im Enzkreis gibt. Auch hier zeigen sich schnell die Tücken, denn man muss überlegen, was denn nun in welchen Behälter gehört. Und am Ende wird, genau wie beim gelben Sack, in einer großen Anlage maschinell sortiert.

Hohe Recyclingquote auf dem Wertstoffhof

Für das Wertstoffhofsystem im Kreis Böblingen braucht man dann schon fast ein eigenes Diplom. Denn für jeden Wertstoff gibt es einen eigenen Container, da wird penibel aufgepasst. Warum? Weil es dem Abfallwirtschaftsbetrieb Böblingen Geld einbringt. Denn je sortenreiner der die Wertstoffe weiterverkaufen kann, desto mehr Erlös wird erzielt. Und diesen gebe man in Form niedrigerer Gebühren an die Bürger weiter, sagt der Kreis. Das funktioniert auch sehr gut, wie eigene Untersuchungen zeigen. Je nach Sorte landen zwischen 80 und 95 Prozent der Wertstoffe im Kreis im Recyclingcontainer. Weiterer positiver Aspekt: Beim täglich Müllsortieren wird schnell klar, wie viel Abfall man eigentlich produziert.

Doch vielen ist das System zu kompliziert und am Ende landet alles im Hausmüll – und damit im Restmüllheizkraftwerk. Und in welchem Büro oder Betrieb wird überhaupt Müll getrennt? Ganz zu schweigen von den niedrigen Beliebtheitswerten der Wertstoffhöfe. Auch der gelbe Sack, für den der Weil der Städter Ralf Boppel vor sechs Jahren – erfolglos – mehr als 6000 Unterschriften sammelte, ist kein Heilsbringer.

Was kann besser werden?

Den Kopf in den Sand stecken, ist keine Lösung. Auf allen Ebenen kann etwas getan werden. Punkt 1: Müll vermeiden. Anreize schaffen für weniger Plastikverpackungen, die dann einheitlicher und besser recycelbar sein müssen. Mehrwegsysteme fördern, wie den Pfandbecher des Anfallwirtschaftbetriebes. Punkt 2: Das Trennen von recycelbarem und nicht-recycelbarem Müll vereinfachen. Es beispielsweise Betrieben, Büros oder Schulen im Kreis Böblingen einfacher machen, zumindest zwischen Rest- und Verpackungsmüll zu trennen. Gleiches gilt für Mülleimer im öffentlichen Raum. Was den Privatabfall betrifft, wird die Zeit die Systeme ohnehin überholen. Die Zukunft liegt bei vollautomatischen Sortiermaschinen, für die am Ende nur eine Tonne nötig ist.