Cohn versteht nicht, dass die Räte nicht „größer“ denken
Martin Georg Cohn wiederum kann bisweilen nicht verstehen, warum seine Stadträte nicht „größer“ denken. Die Zukunftsvorstellungen des Rathaus-Chefs haben nicht viel mit den Mühen der Ebene zu tun. Er denkt über eine neue Stadthalle, wenn nicht gar über ein komplettes Kulturviertel nach. Bei der Innenstadtplanung spricht er davon, den Neuköllner Platz zur Fußgängerzone zu machen. Und seine umstrittenen Seilbahn-Pläne hält er immer noch für richtig: Ohne sie, so glaubt Cohn, wäre eine dynamische Debatte über die Zukunft des Nahverkehrs erst gar nicht in Gang gekommen.
Völlig falsch liegen beide nicht. Tatsächlich denkt der OB in anderen Dimensionen, will mit Leuchtturm-Projekten die Stadt nach vorne bringen, statt sich im alltäglichen Kleinklein zu verlieren. Und in der Tat bewegt sich etwas. Das an diesem Wochenende startende Festival Leonpalooza wäre mit diesem Künstlerangebot vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Cohn hat einige Leute ins Rathaus geholt, die die Stadt als lebendiges Angebot begreifen und nicht als Verwaltung.
Aber der OB wäre schlecht beraten, die Hinweise und auch die Kompetenz seiner Stadträte nicht ernst zunehmen. Die meisten wohnen seit Jahrzehnten wenn nicht schon immer hier. Sie sind nah bei den Menschen und kennen die Probleme vor Ort aus allererster Hand.
Cohn sollte die gestoppte Dezernatsverteilung als Weckruf verstehen: Ohne den Rat geht es nicht. Der aber sollte die Ferien nutzen, um zum konstruktiven Miteinander zurückzufinden. Denn ohne den Oberbürgermeister geht’s auch nicht.