Zwischen dem Leonberger Oberbürgermeister und vielen Stadträten herrscht eine gewisse Sprachlosigkeit.

Leonberg - Nein, kalt lässt den Oberbürgermeister die in ihrer Bündelung doch heftige Kritik aus dem Gemeinderat an ihm nicht. Im letzten Sommergespräch dieses Jahres sendet Martin Georg Cohn versöhnliche Signale, verschweigt aber auch nicht seine Meinung zu den relevanten Themen in den kommenden Monaten, wenn nicht gar Jahren.

 

Er sagt es nicht explizit, aber dass er sich für den besseren Finanzdezernenten hält, ist nicht zu überhören. Sollte also Ulrich Vonderheid vom Gemeinderat für eine weitere Amtszeit bestätigt werden, dürfte das angespannte Verhältnis an der Stadtspitze bestehen bleiben. Es sei denn, beide finden zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. Was ja nicht bedeutet, dass die jeweils in ihrer Art eigenwilligen Macher immer einer Meinung sein müssen.

Was im übrigen auch für die gesamte Ratsarbeit gilt. Die Themen sind derart komplex, dass es nicht nur eigenartig, sondern kaum zielführend wäre, gäbe es zur Weiterentwicklung von Leonberg als dynamische wie liebenswerte Stadt nur einige wenige Ansätze.

Das Bild vom Stillstand prägt sich ein

Die Herausforderung liegt darin, Strategien und Visionen nicht aus politischen, taktischen oder ideologischen Gründen zu zerreden. Viele Themen kommen nicht voran, weil sehr oft immer wieder neu debattiert und sehr wenig entschieden wird. In der Außenwirkung bleibt das Bild hängen, das fast an jedem Nachmittag die Straßen im Zentrum prägt: Stillstand.

Das liegt auch an einer gewissen Sprachlosigkeit, die mittlerweile das Verhältnis zwischen OB und Rat prägt. Cohn wird bisweilen vorgeworfen, dass er fast drei Jahre nach seiner Wahl an seiner Wirkungsstätte nicht wirklich angekommen sei. Er selbst sieht das ganz anders. Tatsächlich ist es so, dass der Oberbürgermeister oft in großen Dimensionen denkt und entsprechende politische Lösungen anstrebt. Etliche Ratsroutiniers hingegen halten Cohns Ziele für, vorsichtig formuliert, zu hochgegriffen und wünschen sich eine bodenständigere Herangehensweise.

Alte Regularien sind Vergangenheit

In einer bewegten Ära, in der die Anforderungen auch an eine Kommunalverwaltung zusehends größer werden, sind die Regularien vergangener Jahrzehnte nicht mehr geeignet, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Allein schon deshalb geht Cohns Grundhaltung, die ganz treffend mit dem neudeutschen Begriff „Think big“ umschrieben werden kann, in die richtige Richtung.

Allerdings kann es selbst ein Oberbürgermeister nicht alleine richten. Er braucht den Gemeinderat und er braucht sein Team im Rathaus. Martin Georg Cohn ist im Wortsinn gut beraten, wenn er sich tatsächlich beraten lässt – von erfahrenen wie kreativen Mitarbeitern und auch von seinen Stadträten. Die wiederum sollten nicht per se alles abtun, bloß weil es vom OB kommt. Denn finden alle zusammen, kann etwas Großes entstehen.