Das Jahr im Altkreis beginnt mit Unsicherheit und fragwürdigen Protestformen.

Leonberg - Mit gemischten Gefühlen haben die Menschen das neue Jahr begonnen. Die Unsicherheit dürfte bei den allermeisten überwiegen: Dürfen wir uns bald wieder nicht mehr frei bewegen? Machen die Schulen doch noch zu? Kann ich einkaufen gehen, ins Restaurant oder zum Sport? Eine große Zahl von uns hat die dritte Impfung hinter sich und gelernt, den Alltag mit QR-Codes halbwegs normal zu gestalten.

 

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Doch was ist, wenn das nicht mehr reicht? Wenn die Unwägbarkeiten der offenkundig immer näher rückenden Omikron-Welle doch das Schreckgespenst des Lockdowns wieder real werden lässt? Katastrophal wäre das vor allem für unsere heimischen Unternehmen. Einzelhändler, Gastronomen und Handwerksbetriebe haben sich unter teilweise erheblichem finanziellen wie organisatorischen Aufwand darauf eingestellt, ihre Kunden weiterhin bedienen zu können. Ein neuerliches Herunterfahren würde für viele, die sich bisher mit Müh und Not über Wasser gehalten haben, den Untergang bedeuten.

Fatale Umsatzeinbußen in der Gastronomie

Daran ändern auch die jetzt publizierten positiven Handelsbilanzen nichts, denn die betreffen vornehmlich das Geschäft im Internet. Der Schuhladen um die Ecke oder die Modeboutique zwei Straßen weiter haben fatale Umsatzeinbußen. Von den Restaurants ganz zu schweigen, denen de facto sämtliche Weihnachtsfeiern und weitgehend das Silvester-Geschäft weggebrochen sind.

In diesen harten Zeiten ist es umso wichtiger, das arg strapazierte Wort der gelebten Solidarität auch tatsächlich mit Leben zu erfüllen, also unsere Firmen vor Ort zu unterstützen. All das kann aber nur dann helfen, wenn die Seuche nachhaltig eingedämmt wird. Das wiederum funktioniert nach jetzigem Stand nur, wenn sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Dabei geht es nicht ausschließlich, man muss es immer wieder betonen, um den eigenen Schutz, sondern zudem um jenen der Mitmenschen. Auch das ist ein wichtiges Stück gelebte Solidarität.

Märsche wecken Erinnerung an dunkle Zeiten

Vor diesem Hintergrund mutet es zumindest eigenartig an, wenn sich auch in unserer Raumschaft viele Menschen jeden Montagabend zu sogenannten Spaziergängen treffen. Bei allem Respekt für nachvollziehbare Befürchtungen gegen mögliche Impffolgen: Märsche in der Stadt durch die Dunkelheit und Ansammlungen auf dem Leonberger Marktplatz oder vor dem Rathaus haben einen beklemmenden Charakter und lassen an dunkle Zeiten erinnern. Keinesfalls können sich die Spaziergänger von heute mit den Demonstranten von 1989 vergleichen, die in dem Unrechtsstaat DDR für ihre Freiheit Leib und sogar Leben riskiert haben.

Daher war es das richtige Signal, dass die Stadt Leonberg am Montagabend kurzzeitig die Weihnachtsbeleuchtung am Marktplatz ausgeschaltet hat, um zu signalisieren, dass sie diese Form des Protestes nicht gutheißt. Dass jetzt Repräsentanten aus Rat und Verwaltung dafür im Netz und per Mail beschimpft werden, zeigt, wieweit es mit dem Demokratieverständnis der Schreiber her ist.