Dass Geimpfte im Lokal einen Test brauchen, ist völlig überzogen

Region Leonberg - Das zweite Adventswochenende kommt, am Sonntag ist Nikolausabend: treffliche Anlässe, um es sich bei einem schönen Essen gut gehen zu lassen. Rostbraten oder Gans beim heimischen Wirt ums Eck, Lamm aus dem Backofen beim Stamm-Griechen oder Tagliatelle al Salmone beim Lieblings-Italiener – wer solche Köstlichkeiten in einem Restaurant genießen möchte, muss sich zügig um einen Schnelltest bemühen.

 

Müssen Sie nicht, sagen Sie? Weil Sie ja doppelt geimpft sind? Müssen Sie doch! Denn von diesem Wochenende an gilt in der Gastronomie 2 G plus. Im Klartext: Auch Geimpfte und Genesene müssen einen aktuellen Schnelltest vorweisen, um ins Restaurant oder ins Café zu gelangen. Das allerdings ist angesichts der übersichtlichen Testmöglichkeiten in unserer Raumschaft und den entsprechenden Wartezeiten ein aufwendiges Unterfangen. Und der Test daheim reicht nicht aus.

Lockdown durch die Hintertür“

So wird nicht nur ein vorweihnachtliches Mehr-Gänge-Menü, sondern selbst die schnelle abendliche Pizza oder ein Feierabend-Snack zum logistischen Großaufwand. Es bedarf nicht viel Fantasie um vorherzusagen, dass viele diesen Aufwand scheuen werden und in den Restaurants etliche Tische leer bleiben.

Die Folgen liegen auf der Hand: Zahlreiche Gastronomen können diesen „Lockdown durch die Hintertür“, wie ihn der Hotel- und Gaststättenverband mit Recht bezeichnet, nicht lange durchhalten, ihr Personal nach Hause schicken und zumachen. Ansprüche auf staatliche Unterstützung haben sie zumindest nach jetzigem Stand nicht, weil sie ja „freiwillig“ schließen. Es ist ja eben kein Lockdown.

Im Supermarkt ist es viel gefährlicher

Keine Frage: Um die Corona-Krake zu bändigen, sind viele Mittel recht. Doch dass ausgerechnet die letztlich sehr geordnet verlaufenden Restaurantbesuche selbst den Geimpften und Genesenen verwehrt bleiben, ist absolut nicht nachvollziehbar. Beim Essen sitzen die Gäste am Tisch, ansonsten müssen sie eine Maske tragen. Da ist jeder Besuch in einem vollen Supermarkt um ein Vielfaches gefährlicher, zumal hier zahllose Ungetestete unterwegs sind.

Mit ihrer Testpflicht für die Gastronomie minimiert die grün-schwarze Landesregierung zudem die Anreize für Unentschlossene, sich vielleicht doch noch impfen zu lassen in erheblicher Weise. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der grüne Gesundheitsminister Manfred Lucha angesichts des öffentlichen Aufschreis am Freitagabend zumindest die Testpflicht für Dreifach-Geimpfte hastig wieder kippte.

Hoffnung auf treue Gäste

Doch der Branche, die zwei unglaublich brutale Jahre hinter sich hat, dürfte das kaum helfen. Die finanziellen Reserven etlicher Gastronomen sind vollends aufgebraucht, die Rechnung mit Weihnachtsfeiern ist schon lange geplatzt, und nun droht auch das gerade in der Adventszeit so wichtige Tagesgeschäft wegzubrechen.

Da bleibt nicht mehr viel. Allenfalls die Hoffnung, dass zumindest die Stammgäste auch in schweren Zeiten die Treue halten und vor dem Restaurantbesuch die Test-Odyssee antreten. Gewiss, nicht wenige werden das tun. Ob das aber reicht?