Leonbergs Stadträte gehen auswärtig in Klausur. Das birgt viele Chancen.

Sie haben es endlich geschafft: Die Leonberger Stadträte sind an diesem Wochenende in Klausur gegangen. Und dabei treffen sie sich nicht, wie bei den vergangenen Terminen dieser Art, eintägig im Rathaus oder in der Stadthalle. Nein, sie fahren raus aufs Land, an eine Tagungsstätte im beschaulichen Gäu jenseits von Herrenberg. Und das sogar das komplette Wochenende.

 

Das ist insofern bemerkenswert, da im Leonberger Gemeinderat schon sehr lange über die Notwendigkeit einer strategisch ausgerichteten Zukunftspolitik diskutiert wird. Die allerdings kann im hektischen Tagesgeschäft kaum entwickelt werden, zumal, und das wird oft vergessen, Stadträte ehrenamtlich arbeiten und zumeist einen zeitintensiven Hauptberuf haben.

Fernab der Alltagsrituale

Der Rückzug in eine andere Umgebung – und mithin der zumindest zeitweilige Ausstieg aus den Ritualen des Alltags – kann also durchaus die Kreativität und den Dialog fördern, nicht zuletzt weil die handelnden Personen auch einen Teil ihrer Freizeit miteinander verbringen. Dass bei einem Glas Wein schon so manches Hindernis aus dem Weg geräumt wurde, ist ein nicht nur in der Politik zu beobachtendes Phänomen.

Und mit Blick auf die Leonberger Kommunalpolitik scheint ein Austausch jenseits der Sitzungsroutine dringend geboten. Noch immer sind die Vorstellungen, die den Oberbürgermeister umtreiben, oft nicht deckungsgleich mit jenen vieler Stadträte. Und auch das Zusammenspiel der Bürgermeisterriege selbst lässt Verbesserungsbedarf erkennen.

Querschüsse behindern Sachpolitik

Keine Frage: Kommunalpolitik ist keine Friede, Freude, Eierkuchen-Veranstaltung. Doch gerade in Zeiten, da unter den schwierigsten Rahmenbedingungen einer nicht ausgestandenen Pandemie und einer durch den Ukraine-Krieg geschädigten Wirtschaft grundlegende Weichenstellungen erfolgen müssen, behindern Zwistigkeiten und Querschüsse eine zielorientierte Sachpolitik. Ratssäle sind keine großen politischen Bühnen. Hier werden Entscheidungen getroffen, die die Menschen unmittelbar betreffen.

Doch Detailfragen können nur beantwortet werden, wenn der große Weg erkennbar ist. Dies ist Leonberg nur bedingt der Fall. Oberbürgermeister Martin Georg Cohn hat zwar mit der „Stadt für morgen“ ein visionäres Motto ausgegeben. Doch wie diese aussehen soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. Gegen den geplanten Versuch, zwei Hauptachsen im Zentrum für Autos zu verkleinern, regt sich bereits Widerspruch, noch bevor die Testphase begonnen hat.

Was ist eine „grüne Stadt“?

Auch mit der Vorstellung einer „grünen“ Stadt scheinen viele Kommunalpolitiker, die sich vor allem einer funktionierenden heimischen Wirtschaft verpflichtet sehen, nicht viel anfangen zu können.

Es gibt also genügend Themen, die einer grundsätzlichen Betrachtung bedürfen. Hoffentlich nutzen unsere Volksvertreter die Chance, in einer anderen Atmosphäre all diese Dinge offen anzusprechen. Nötig wäre es.