Viele Projekte und gut beschäftigtes Personal: Mit Blick auf die Baustellen im wörtlichen und übertragenen Sinne muss Weil der Stadt priorisieren.

Dass es in der Keplerstadt einen großen Investitionsstau gibt, hatte die Verwaltung den Gemeinderäten vor rund einem Jahr in einer Klausurtagung deutlich gemacht. Bei knapper Haushaltskasse stehen in Weil der Stadt einige dringende Projekte an, von maroden Wasserkanälen bis hin zum schlechten Zustand des Bauhofs. 250 Millionen Euro Investitionen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren prophezeite Erster Beigeordneter Jürgen Katz.

 

In einer erneuten Klausurtagung im Juli hat die Stadtverwaltung nun Inventur gemacht – und präsentiert, welche Projekte in der Keplerstadt aktuell laufen. 312 Stück aus fünf Ämtern hat man im Vorfeld identifiziert und sie hinsichtlich der nächsten Schritte, Wichtigkeit oder Kosten bewertet. Nach der Klausur 2021 sei das nun „Teil zwei“ gewesen, so Bürgermeister Christian Walter in einer Erklärung zur Klausurtagung.

Projekte auf das Jahrzehnt verteilen

Ein besonderer Blick ging dabei Richtung Bauamt: Dort stehen einige große, vom Gemeinderat beschlossene Bauprojekte an, etwa das Gebiet Häugern-Nord, das Kemmler-Areal in Schafhausen oder die „Alte Gärtnerei“ in Merklingen. Dringend notwendig seien außerdem Projekte wie der Neubau des Schulcampus Jahnstraße und die Sanierung des Bauhofs, heißt es von der Verwaltung. Auch in der Kämmerei sei man ausgelastet, etwa mit der Grundsteuerreform und dem neuen kommunalen Haushaltsrecht – zwei „ressourcenintensiven“ Pflichtprojekten.

Bearbeitet werden die 312 identifizierten Projekte von rund 70 Stellen. Weil man mit dem vorhandenen Personal nicht alles gleichzeitig bearbeiten könne, müsse man die Projekte auf das ganze Jahrzehnt verteilt angehen, so Katz. Weniger dringliche Projekte, wie die Entwicklung des Areals um das ehemalige Bürgerheim, sind deshalb erst später dran. „Wir müssen uns an diesem Punkt ganz ehrlich machen“, betont auch Bürgermeister Christian Walter. Mögliche Konsequenzen und Priorisierungen sollen im Rahmen der Haushaltsberatungen im Herbst diskutiert werden.

Die schiere Masse an Projekten werde die Verwaltung noch über viele Jahre beschäftigen, sagt Walter. „Leider gestaltet sich auch die Umsetzung der mir besonders wichtigen Themen wie der Klimaschutz und das Radwegekonzept im Moment schwierig“, bedauert er. Zumindest beim Thema Klimaschutz gebe es mit der beschlossenen Einstellung eines Klimaschutzmanagers aber eine konkrete Aussicht auf Besserung.

Katz wünscht sich finanzielle Unterstützung für Pflicht-Projekte

Vergessen dürfe man auch nicht, dass viele der Projekte, die zusätzlich zum Tagesgeschäft anfallen, von Bund und Land gesetzlich vorgeschrieben werden, die nötigen Kapazitäten und Kosten aber oft nicht aufgefangen werden. „Hier wünschen wir uns die tatsächliche Umsetzung des eigentlich gesetzlich verankerten Konnexitätsprinzips – wer ansagt, zahlt auch.“

Die Gemeinderäte sind unterdes größtenteils zufrieden mit der diesjährigen Klausurtagung: „Interessant und wertvoll“ sei sie gewesen, kommentiert etwa CDU-Fraktionsvorsitzender Florian Scharpf. „Ich habe den Eindruck, die Verwaltung löscht die Feuer, die am höchsten brennen.“ Angesichts der Finanzen der Stadt steht man zusätzlichem Personal für die frühzeitigere Bearbeitung einiger Projekte in der Fraktion aber sehr kritisch gegenüber.

Auch Stadtrat Michael Borger (Freie Wähler) betont, dass zusätzliches Personal immer mit der schwierigen Haushaltslage abgewogen werden müsse. „Die Haushaltslage wird sich nicht verbessern“, sagt er. „Das bereitet uns allen sehr große Sorgen.“ Einige Projekte müssten aber dringend angegangen werden – auch, wenn er sich schwertue, dass damit andere, sicherlich auch wichtige Projekte, noch weiter nach hinten rücken müssten.

FDP fordert „Plan B“

„Einen derartigen guten Gesamtüberblick zu erhalten, ist für die Arbeit des Gemeinderats sehr hilfreich“, sagt Cornelia Schmalz, SPD-Fraktionsvorsitzende, zur Auflistung der Projekte. „Deutlich wurde auch, dass die Hauptaktivitäten der Verwaltung durch das laufende Tagesgeschäft gebunden sind. Die Kapazität für Großprojekte stößt aufgrund begrenzter personeller Ressourcen an die Grenzen.“ Der Investitionsstau werde die Kommune noch Jahre beschäftigen. Aber: „Die Priorisierung ist richtig“, so Schmalz. „Insbesondere stehen Schulcampus, Bauhof und Feuerwehr oben auf der Liste.“

Etwas kritischere Worte findet Hans Dieter Scheerer (FDP): „Gerade bedingt durch die Haushaltslage ist es aus unserer Sicht dringend erforderlich, dass die anstehenden Projekte nochmals im Detail diskutiert und gegebenenfalls neu priorisiert werden - auch in Anbetracht der nicht unerheblichen Kostensteigerungen im Baubereich und der fehlenden Arbeits- und Fachkräfte“, so das Ratsmitglied. Außerdem müsse man in Anbetracht der möglicherweise anstehenden Rezession und steigenden Rohstoffpreisen einen „Plan B“ diskutieren.