Klassik im Klösterle: Inspirierender Klavierabend mit Adam Golka.

Weil der Stadt - Wieder hat die verdienstvolle Reihe „Klassik im Klösterle“ mit einem hochkarätigen Programm aufwarten können, denn der polnisch-amerikanische Künstler Adam Golka ist ein Ausnahmepianist. Davon konnte man sich bei der geradezu kämpferischen Wiedergabe der Klaviersonate Nr. 11 B-Dur op. 22 von Ludwig van Beethoven sogleich überzeugen.

 

Der rasche Crescendo-Aufstieg mit dem hornartigen Motiv im ersten Allegro-Satz geriet imponierend – und die blühende Melodie konnte sich bestens entfalten. Und die Oktavenpassage der Coda wirkte hier geradezu majestätisch. Der zweite Es-Dur-Satz machte diese gelungene Wiedergabe vollends zu einem Naturereignis mit einer beseelten, sphärenhaft auf- und abschwebenden Melodie. Das Übersinnliche dieser Musik wurde von Adam Golka sofort erkannt. Und die Durchführung ließ tatsächlich die Tristan-Harmonik schon in geheimnisvoller Weise erahnen. Ein rasanter Fluss beherrschte dann das Schluss-Rondo. Die gebundenen und gebrochenen Oktaven der rechten sowie die Sextenparallelen in der linken Hand wirkten klar strukturiert. Unruhige Zweiunddreissigstelfigurationen mündeten zuletzt in eine geradezu hymnische Coda.

Spieltechnische Geläufigkeit ist phänomenal

Überhaupt war die spieltechnische Geläufigkeit Adam Golkas an diesem Abend phänomenal. Dies zeigte sich ebenso bei den Stücken von Johannes Brahms. Ein überirdischer Serenadenton beherrschte das Capriccio h-Moll op. 76 Nr. 2, wo die Kantilenen aufblühten. Auch die ungarischen Akzente waren hier herauszuhören. Mit Sensibilität gestaltete Golka das Intermezzo b-Moll op. 117 Nr. 2, wo die schattenhaften Figuren triumphierten. Die Gesangsphrase in Des-Dur erhielt eine ungeahnte Intensität und Melancholie.

Nicht weniger überzeugend war die Wiedergabe des Intermezzos A-Dur op. 118 Nr. 2, in dem leidenschaftliche Ausbrüche und bewegende Intensität nahtlos ineinander übergingen. Der Gefühlsausdruck wirkte hier nie übertrieben. Dynamische Gegensätze wurden bei der Rhapsodie in Es-Dur op. 119 Nr. 4 von Adam Golka hervorragend betont, wobei der c-Moll-Gegensatz mit Urgewalt hervorbrach. Die Coda beeindruckte mit einem Steigerungstaumel.

Überzeugend war auch die Wiedergabe der Klaviersonate Nr. 3 in fis-Moll op. 23 von Alexander Skrjabin, wo Adam Golka Skrjabins starke Verbindung zu Chopin immer wieder herausstellte. Lyrische Themen und deren reizvolle Verarbeitung überfluteten hier den Hörer mit zahlreichen Reizen – und das rhythmische Motiv des zweiten Satzes erhielt einen markanten Ausdruck. Sehr zart erschien das Andante, wo Adam Golka der vielschichtigen Atmosphäre nachlauschte. Und die wechselnde dynamische Gestalt des Finales erreichte die für Skrjabin so typischen harmonischen Siedegrade, wobei Adam Golka das Werk nicht so exaltiert interpretierte wie etwa Igor Shukow. Das Rauschhafte und Pathetische blitzte großartig auf.

Elegant virtuos und hintersinnig

Die Verwandtschaft zu Alexander Skrjabin zeigte sich auch bei Ignacy Jan Paderewskis Nocturne B-Dur op. 16 Nr. 4 und der „Cracovienne Fantastique“ op. 14 Nr. 6, wo Adam Golka die thematischen Zusammenhänge in facettenreicher Weise unterstrich. Dabei besitzen Paderewskis Kompositionen eine erstaunliche Leuchtkraft und Farbigkeit, deren Intensität nicht nachlässt. Das war elegant virtuos und hintersinnig zugleich. Die gegenseitige Durchdringung der einzelnen Gedanken arbeitete Golka sehr schön heraus. Rhythmisch erinnerte manches an polnische Tänze. Paderewski war sogar polnischer Ministerpräsident - eine höchst ungewöhnliche Konstellation.

Zum Abschluss interpretierte Golka stürmisch und heftig erregt Frederic Chopins Scherzo Nr. 2 in b-Moll op. 31, wo der Glanz der absteigenden Des-Dur-Passage eindringlich zu Gehör kam. Der romantisch-poetische Klang erreichte hier eine starke Leuchtkraft – und die Modulationen der Stretta gerieten ungeheuer feurig und begeisternd. Als Zugaben gab es noch ein „Bonbon“ von Chopin und ein gewaltig aufrauschendes Prelude von Sergej Rachmaninow. Viele Bravorufe belohnten diesen ungewöhnlichen Klavierabend.