Studenten und Professoren aus Stuttgart geben das erste Konzert von „Klassik im Klösterle“ in diesem Jahr.

Weil der Stadt - Schon der erste Walzer zu vier Händen hat dem Publikum in Weil der Stadt imponiert. Von Johannes Brahms stammt diese op. 39, denn die Musik dieses Komponisten stand im Mittelpunkt bei „Klassik im Klösterle“ am Samstag. Studierende der Musikhochschule Stuttgart gaben gemeinsam mit ihren Professoren Anke Dill, Florian Wiek und Christian Lampert das erste Konzert in diesem Jahr.

 

Wiek und Sophia Weidemann begannen mit den op. 39. Die beiden Pianisten arbeiteten nicht nur den melodischen Erfindungsreichtum, sondern auch die leidenschaftliche Emphase dieser Werke sehr gut heraus. Der Rhythmus des vierten Walzers riss die Zuhörer sofort mit. Der siebte und achte Walzer faszinierte einmal mehr mit einem erstaunlichen harmonischen Reichtum, der sich bei dieser Wiedergabe immer wieder stark verfeinerte. Auch die Modulation des achten Walzers berührte die Zuhörer bei dieser Interpretation durch den sensiblen pianistischen Anschlag.

Feurige ungarische Rhythmen

Die feurigen ungarischen Rhythmen setzten sich dann bei den weiteren Walzern immer mehr und ungestümer durch. Und der As-Dur-Walzer Nr. 15 faszinierte als sanft wiegende Ländlerweise. Bindungen und Portati stachen dabei nuancenreich hervor. Auch die enharmonische Verwechslung des As in Gis beim Übergang zum letzten cis-Moll-Stück blieb stark im Gedächtnis. Und auch der Geist der „Liebeslieder-Walzer“ war hier manchmal präsent.

Mit diesen Walzern konnte sich Johannes Brahms als Hamburger übrigens erfolgreich in Wien einbürgern. Sehr gut war außerdem die Interpretation des Klavierquartetts Nr. 1 in g-Moll op. 25 „Alla Zingarese“ von Johannes Brahms, wo Florian Wiek (Klavier), Anke Dill (Violine), Till Breitkreutz (Viola) und Karl Stauber (Cello) ganz aus sich herausgingen und die melodischen Bögen in meisterhafter Art herausfeilten.

Die thematische Vereinheitlichung überzeugte beim Sonatensatz des Kopfsatzes in geradezu erfrischender Weise. Die Motivvariation erhielt eine starke Präsenz. Kein Wunder, dass Arnold Schönberg dieses Werk erfolgreich für Orchester bearbeitete. Man spürte, wie der ganze Satz in facettenreicher Weise sich in ständig fortschreitender Variation aus dem ersten Thema entfaltete. Pathetische Sexten und Oktaven konnten sich prägnant behaupten, erreichten auch durchaus harmonische Siedegrade, die der einfühlsame Pianist Florian Wiek immer wieder neu entfachte.

Der rauschhaft-ungezügelte Charakter des Werkes

Als reizvolles Nachtstück kam dann das Intermezzo daher, dessen Klangzauber von den gut aufeinander abgestimmten Musikern sehr schön akzentuiert wurde. Dynamische Moll- und Dur-Kontraste überzeugten die Zuhörer mit nie nachlassender Intensität. Die Coda mit der C-Dur-Wendung besaß sogar etwas Hymnisches und Mitreißendes. Die C-Dur-Welt des abschließenden Andante-Satzes erreichte hier fast schon poetische Dimensionen, deren Intensität immer mehr zunahm. Die Stretta entwickelte dann ein extremes Tempo, das sich immer weiter zuspitzte. Den rauschhaft-ungezügelten Charakter dieses Werkes erfassten die Interpreten hier mit erstaunlicher Präzision und Leuchtkraft.

Dass sich gerade die Werke von Johannes Brahms aus dem Klavier heraus entwickeln, kam bei dieser Interpretation ausgezeichnet zum Vorschein. Träumerische Stimmungen und ungestüme kontrapunktische Strukturen traten strahlend hervor. Ein allzu akademisches oder klassizistisches Pathos wurde dabei vermieden, wenngleich Brahms damit immer wieder konfrontiert wird.

Doch die Musiker betonten vor allem den geistvollen Gehalt dieses Klavierquartetts. Auch die Melancholie fehlte nicht. Und die rhythmischen und melodischen Reize der von Brahms abgewandelten Zigeuner-Musik begeisterten das Publikum, das mit „Bravo“-Rufen nicht geizte. Den Roman-Titel „Lieben Sie Brahms?“ der Schriftstellerin Françoise Sagan konnte man hier getrost mit „Ja“ beantworten.