Der neue Klärschlammreformer nimmt seinen Betrieb auf. Damit wird wichtiger Dünger gewonnen.

Renningen - Mit dem neuen Klärschlammreformer hat sich die Stadt Renningen anscheinend die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau ins Haus geholt. Diesen Eindruck erhalten zumindest die Besucher der Kläranlage am Freitag , als die Inbetriebnahme des neuen Reformers gefeiert wird. Denn dieser wird nicht nur den anfallenden Klärschlamm noch mal auf ein Viertel reduzieren, er soll außerdem die Krankheitserreger darin zerstören, Schwermetalle herausfiltern und – das wichtigste dabei – den wertvollen Phosphor daraus extrahieren. Ganz „nebenbei“ produziert die Anlage auch noch Wärme und Strom, die direkt vor Ort zum Einsatz kommen.

 

Mit dem Reformer haben die Entwicklerfirma Thermo-System aus Esslingen, aber auch die Stadt Pionierarbeit geleistet, erklärt der Ingenieur Steffen Ritterbusch von Thermo-System. Zwar ist bei großen Klärwerken mit 100 000 Einwohnern und aufwärts Phosphorgewinnung längst keine Zukunftsmusik mehr. „Für kleinere Gemeinden gab es dafür bislang aber keine Möglichkeit“, sagt Ritterbusch. Nach dem Pilotprojekt in Grünstadt ist Renningen nun die zweite Kommune, für die Thermo-System eine solche Anlage entwickelt hat. Die Kosten für die Stadt liegen mit allem drum und dran bei rund zwei Millionen Euro, davon übernimmt rund 500 000 Euro das Umweltministerium, das innovative Projekte wie dieses fördern möchte.

Klärschlamm noch mal reduziert

Die Vorteile des Reformers liegen auf der Hand, erklärt der Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Vormals 400 Tonnen Klärschlamm werden damit noch mal auf unter 100 Tonnen reduziert.“ Das überschüssige Gewicht stamme fast ausschließlich aus Wasser, „das wir zur Entsorgung in Lastwagen über die Autobahn transportieren mussten“. Weniger Schlamm heißt also weniger Verkehr. Dazu kommt die Funktion der Phosphor-Gewinnung.

Phosphor ist ein lebenswichtiges Element, das jeder Mensch benötigt und das vor allem für Dünger verwendet wird. „Aber Phosphat ist eine knappe Ressource“, erklärt Steffen Ritterbusch. In der Natur kommt es nur in Mineralien vor, die es aber nur in Krisengebieten gibt. Irgendwann ist der Vorrat erschöpft. „Zum Teil ist es auch stark verunreinigt. Es ist erschreckend, wie viel Uran auf deutschen Äckern mit Phosphaten ausgeschüttet wird“, so Ritterbusch. Daraus entstünden selbstverständlich keine akuten Gefahren, „aber das sind schleichende Schäden, die man noch spüren wird“.

Reformer macht aus Abfall Rohstoff

Jedoch lässt sich Phosphor mit der richtigen Methode auch aus dem Abwasser herausholen. „Also was passiert hier? Wir machen aus Abfallstoff Rohstoff und holen die Schadstoffe heraus“, erklärt Steffen Ritterbusch kurz zusammengefasst. Der Reformer geht damit noch einen Schritt weiter als der solare Klärschlammtrockner, den die Stadt schon seit vielen Jahren nutzt. Dazu wird das vormalige Endprodukt noch einmal bei knapp unter 200 Grad vergast. Die Temperaturen dürfen nicht zu hoch sein, damit der Phosphor erhalten bleibt.

Der Reformer startet nun im Probebetrieb, also unter regelmäßiger Aufsicht und um noch einmal Feinjustierungen vorzunehmen. Dieser Start hat sich um einige Monate verzögert, da Thermo-System noch einige Veränderungen vornahm, um die Leistungsfähigkeit der Anlage zu verbessern. Dass die Anlage auch noch Strom erzeugt, „hat uns ebenfalls nicht wenig Schweißperlen gekostet“, so Ritterbusch. Nach spätestens sechs Monaten geht es dann in den Automatikbetrieb. Wenn alles gut läuft, eröffnen sich der Stadt durch das neue Verfahren noch weitere Möglichkeiten, erklärt Wolfgang Faißt. Zum Beispiel könnte das gewonnene Granulat noch verbessert werden, damit es zu einem hochwertigeren Düngemittel wird.