Ein Buch über die Keplers und das Heckengäu des 17. Jahrhunderts macht international Furore – bald auch im Kino.

Weil der Stadt - Es war noch früh am Morgen, als Katharina Kepler an jenem 28. September vom Torturm zum Rathaus geführt wird. Im Bericht von diesem Prozesstag sind noch heute alle Einzelheiten nachzulesen. Sie erhebt nämlich selbst die Stimme und ruft: „Ich möchte nicht das Geringste gestehen oder zugeben. Ihr könnt mit mir machen, was Ihr wollt, und wenn Ihr mir jede Ader einzeln aus dem Leibe zieht, ich wüsste nicht, was ich zugeben sollte.“

 

Man kann sich das vor dem inneren, filmischen Auge richtig vorstellen, wie die resolute Frau, voller Wut und Durchhaltevermögen, ums Leben kämpft. Angeklagt als Hexe ist sie – an jedem Septembertag des Jahres 1621 muss sie sich seit sechs Jahren mit diesem Vorwurf rumplagen. Seit einem Jahr schon sitzt sie im Kerker in Haft.

Und in der Tat: Das alles wird in einem Film münden. Sie sei schon an der Überarbeitung der Drehbücher, berichtet Ulinka Rublack am Sonntagabend, als sie in der Weil der Städter „Kulisse“ ihr Buch über Katharina Kepler vorstellt. „Ein solches Script mitzugestalten, ist richtig interessant“, sagt sie. In ständigem Kontakt ist sie mit den Drehbuchautoren und mit Michael Hoffman. Der amerikanische Regisseur wurde zum Beispiel schon mit „Ein russischer Sommer“ bekannt, wo er mit Helen Mirren und Christopher Plummer das letzte Lebensjahr von Leo Tolstoi verfilmte.

Das Leben von Katharina, der Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler

Jetzt also nimmt sich Hoffman eines weiteren historischen Stoffs an, nämlich das Leben von Katharina, der Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler. „Er hat eine Rezension meines Buches gelesen und sich dann bei mir gemeldet“, berichtet Rublack. „Ich war beeindruckt, wie gut er mein Buch kannte.“

Ulinka Rublack selbst ist zwar in Tübingen geboren worden, lehrt aber schon seit dem Jahr 1996 als Professorin für die Geschichte der Neuzeit im britischen Cambridge. Vor allem für Frauen in der Geschichte interessiert sie sich in ihrer Forschung – so stieß sie auf den Hexen-Fall der Katharina Kepler, über die sie 2015 eine englischsprachige Biografie veröffentlichte.

Was damals vor Ort, im Kreis Böblingen, niemand so richtig bemerkte: Die Namen Katharina und Johannes Kepler und damit die Ortschaften Leonberg und Weil der Stadt sind seitdem einmal quer durch den Diskurs der Geschichtswissenschaft gegangen. Sehr ausführlich wurde das Buch in „The American Historical Review“ vorgestellt, der bedeutendsten und auflagenstärksten historischen Zeitschrift in den USA. Damit las die Rezensentin zum Beispiel, wie die Herzogin Sibylla von Anhalt im Leonberger Schloss ihre Kräuter anrührte. „Es ist verlockend, sich vorzustellen, wie sich die kleine Ortschaft Leonberg unter dem Einfluss einer ganz anderen Atmosphäre entwickelte, als die Herzogin dort fünf Jahre lang, von 1609 bis 1614 residierte“, heißt es an einer Stelle des Buches.

Genau das entfaltet die Autorin. Seit Oktober gibt es „Der Astronom und die Hexe“ auch auf Deutsch, auch hier hochgelobt. Anfang Juli wurde bekannt, dass Rublack dafür den mit 30 000 Euro dotierten Preis des Historischen Kollegs bekommt – den wichtigsten Preis der deutschen Historikerzunft.

Dass ein solches Sachbuch ein Fall für Hollywood sein könnte, daran dachte die Wissenschaftlerin freilich nicht. Jetzt aber ist sie mitten in den Vorbereitungen des Films, schon die 15. Überarbeitung hat man ihr gerade eben zugeschickt. Historisch soll alles einigermaßen korrekt sein. Gestrichen hat sie zum Beispiel die Passage über die Tante aus Weil der Stadt, die angeblich wegen Hexerei umgebracht worden war.

Kein Beweis für die Schuld der Tante

Geholfen hat ihr dabei auch der Weiler Lokalhistoriker Wolfgang Schütz. „Im Archiv haben wir keinen Beweis für diese Tante gefunden“, berichtet Ulinka Rublack am Sonntagabend dem Weil der Städter Publikum. Stattdessen steht der große Hexenprozess gegen Katharina Kepler im Mittelpunkt des Films – und ihre Verteidigung. Denn die hat bekanntlich ihr Sohn, der berühmte Astronom, übernommen. „Im Film wird sie ihr Sohn vor großem Publikum verteidigen“, verrät Rublack, auch wenn in Wahrheit damals wahrscheinlich nicht ganz so viele Zuschauer dabei waren.

Und dann muss die Autorin noch eine kleine Enttäuschung verraten. Denn in den vergangenen Wochen waren wohl einige Leute der Produktionsfirma in den Gassen von Leonberg und Weil der Stadt unterwegs. Fündig wurden sie hier aber nicht. „Deshalb wird der Film in Südtirol gedreht“, sagt sie. Wichtig ist auch der historische Gerichtssaal – auch den habe man in Südtirol ausfindig gemacht.

Noch in diesem Jahr könnten dann die Dreharbeiten beginnen, der Film über die Eltingerin Katharina Kepler. „Mir geht es aber nicht darum, sie zur Heldin zu stilisieren“, sagt Ulinka Rublack. Eine Heldin sei sie nicht gewesen. „Sie war einfach eine beeindruckende Frau, die Widerstand geleistet hat.“