Käferbefall und Trockenheit machen den Bäumen zu schaffen und eine reguläre Forstwirtschaft unmöglich.

Rutesheim - Einst ist er das Schatzkästchen jeder Stadt und jedes Dorfes gewesen – der eigene Wald. Doch seit Jahren lässt sich damit kaum Geld verdienen. Der Forst ist ein Zuschussbetrieb. Jetzt kommt noch erschwerend hinzu, dass wegen des Schädlingsbefalls und den Folgen einer anhaltenden Trockenheit so gut wie gar keine geplante Bewirtschaftung mehr stattfinden kann. Das ist auch in den 536 Hektar großen Wäldern auf Rutesheimer Gemarkung nicht anders.

 

„Wir laufen praktisch den Schäden hinterher, die Borkenkäfer, Trockenheit und Stürme verursachen“, bringt es Ulrich Neumann, der Rutesheimer Förster auf den Punkt. „Es ist ein besorgniserregender Zustand“, berichtet auch Inge Hormel, die stellvertretende Leiterin des Amtes für Forsten im Landratsamt Böblingen. Die beiden haben jüngst dem Gemeinderat den Betriebsplan für das Jahr 2021 vorgestellt. Der sieht den Einschlag von rund 3200 Festmetern Holz vor. Den veranschlagten Einnahmen in Höhe von 144 000 Euro werden dabei Ausgaben in Höhe von 377 000 Euro gegenüber stehen.

Buchen sind stark geschädigt

„Der Stadtwald Rutesheim zählt leider zu den mit am stärksten betroffenen Wäldern im Kreis Böblingen. Neben Schäden an Fichten durch Borkenkäferbefall leiden von allem die Tannen und insbesondere die Buchen unter den Folgen des Klimawandels“, zählt Inge Hormel auf. Die Kronenschäden bei der Buche hätten 2020 erschreckende Ausmaße angenommen.

In der 2017 beschlossenen periodischen Betriebsplanung ist ein jährlicher Einschlag von 3900 Festmetern vorgesehen. Doch bereits für 2020 wurde angesichts des Gesundheitszustandes des Waldes ein reduzierter Holzeinschlag in Höhe von maximal 3500 Festmetern vorgeschlagen, denn seit Winter 2017/2018 prägt die Aufarbeitung sogenannter „zufälliger“ Nutzungen (darunter fallen Käferholz, Sturmholz, absterbende Bäume infolge Trockenschäden) das Arbeitsgeschehen im Rutesheimer Wald. Das zeigt auch die Tatsache, dass bis Mitte Oktober dieses Jahres im Stadtwald rund 3400 Festmeter Holz anfielen, zu 98 Prozent als sogenannte „zufällige“ Nutzungen.

Im Januar verursachte das Wintersturmtief Sabine mehr als 1400 Festmeter Sturmholz. Im Sommer mussten laufend Buchen aus Gründen der Arbeitssicherheit und der Verkehrssicherung vor allem entlang von Straßen, Parkplätzen und Erholungseinrichtungen gefällt werden. Allein das Käferholz bei der Fichte hält sich bisher (460 Festmeter) im Vergleich zu 2019 (1800 Festmeter) in Grenzen. „Dies ist auch auf die zügige Aufarbeitung, Entrindung und Abfuhr sowie auf das Hacken der Gipfel in den Jahren 2018 und 2019 zurückzuführen“, lobt Neumann das Team der Forstarbeiter. Doch seit September wird sowohl bei der Fichte als auch bei der Tanne neuer Käferbefall festgestellt, deshalb wird der Käferholzanteil bis Ende des Jahres wohl nochmals steigen, befürchtet der Fachmann.

Weil die beschädigten Bäume sehr verstreut im gesamten Wald verteilt sind, erwiesen sich die Kontrollen auf Neubefall sowie die Aufarbeitung, das Rücken und das Beseitigen des Kronenmaterials als sehr zeit- und kostenintensiv. „Seit mehr als zwei Jahren sind die Forstwirte mit der Aufarbeitung von zufälligen Nutzungen beschäftigt und dadurch enorm belastet“, erklärt Ulrich Neumann die Lage. Auch ist das Beseitigen von Schadhölzern höchst gefährlich. Deshalb bleiben abgestorbene Buchen, vor allem im Distrikt Rauher Wald, von denen keine Gefahr ausgeht, stehen und bis zum natürlichen Zusammenbruch sich selbst überlassen.

Naturverjüngung und Neupflanzungen

Im Jahr 2021 sollen 3200 Festmeter Holz eingeschlagen werden, davon 2000 Nadel-und 1200 Laubholz – vorwiegend Käfer- und Schadholz. „Auf großen Teilen verjüngt sich der Wald selbst“, ist Neumann leise optimistisch. Die neue Waldgeneration wachse, konfrontiert mit den aktuellen Bedingungen, unter den alten Beständen aus Samen der Altbäume nach. Dort, wo sich keine Naturverjüngung einstellt oder gezielt eine andere Baumart nachwachsen soll, wird gepflanzt.

Hier kommt die lenkende Hand des Försters ins Spiel. Der muss die neuen klimatischen Gegebenheiten im Blick haben, damit Rutesheim auch in 200 Jahren noch einen Wald hat. Denn auf lange Sicht sieht es für die Buche nicht gut aus. Und so lässt aufhorchen, was 2021 neu angepflanzt wird: 2250 Eichen, 250 Hainbuchen, 100 Elsbeeren und Mehlbeeren, 50 Esskastanien und 50 Nussbäume sowie 300 Douglasien auf insgesamt 1,3 Hektar.