Die junge Querflötistin Naemi Võsand erhält in diesem Jahr den Jugendmusikpreis der Stadt.

Leonberg - Sich mit Naemi Võsand zum Gespräch zu verabreden, ist nicht so einfach. Die junge Querflötistin ist zwar erst 17 Jahre alt, studiert aber schon in Saarbrücken an der Hochschule für Musik. Ist sie am Wochenende zuhause in Kornwestheim, hat sie jede Menge Termine: beim Flötenbauer, muss zu Proben und braucht natürlich auch jede Menge Zeit zum Üben. Zudem tanzt sie noch leidenschaftlich gerne Ballett, Jazz und Modern Dance. Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob ihr Tag mehr Stunden hat als der von anderen Menschen, lacht Naemi Võsand laut auf. „Nein, nein, keine Angst!“

 

Es ist Freitagabend, und, weil die Zeit also knapp ist, haben wir uns direkt am heimatlichen Kornwestheimer Bahnhof in einem Café getroffen. Die diesjährige Preisträgerin des Jugendmusikpreis Leonberg ist ganz in Schwarz gekleidet und zieht einen genauso schwarzen Rollkoffer hinter sich her, die Querflöte in der Instrumententasche lässig über die Schulter geworfen. Direkt aus Saarbrücken sei sie eben gekommen, erzählt die junge Musikerin gut gelaunt. An der dortigen Musikhochschule studiert sie seit diesem Semester bei Gaby Pas-Van Riet im Hauptfach Querflöte. Die renommierte Professorin sei bereits ihre Lehrerin gewesen, als diese noch Soloflötistin am Radiosinfonieorchester des SWR war. Nach dem Abitur, das Naemi Võsand in diesem Jahr am Ludwigsburger Goethe-Gymnasium mit Bravour abgelegt hat, hat es die junge Ausnahmemusikerin an die Hochschule ihrer Mentorin gezogen.

Die junge Musikerin kommt rum in der Welt

Angefangen hat die zweifache Jugend- musiziert-Preisträgerin freilich mit sieben Jahren wie andere Kinder auch: an der örtlichen Musikschule. Ihre Eltern, selbst keine Musiker, hatten sie schon von klein auf mit in die Oper genommen. Mozarts „Zauberflöte“ entfaltete schließlich ihre magische Wirkung. Hinzu kamen die Flötentöne einer Nachbarin, erzählt Naemi. Danach war es um sie geschehen.

Was folgte, war im zarten Alter von 13 Jahren der erste Platz für Soloquerflöte beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert, den sie drei Jahre später dann noch einmal gewann. Das Bundesjugendorchester wurde 2015 prompt aufmerksam auf die Kornwestheimerin, obwohl das renommierte Orchester eigentlich Jugendliche erst ab dem 14. Lebensjahr aufnimmt. Für Naemi Võsand machte es eine Ausnahme. „Das hatte ich damals nach dem Vorspiel nicht erwartet“, erinnert sich die Studentin. Seitdem war sie schon neun Mal auf Tournee mit dem Jugendorchester. „Letztes Jahr waren wir in der Ukraine und Rumänien unterwegs, in diesem Jahr in Südafrika“, erzählt die Musikerin, die in ihren jungen Jahren schon mit namhaften Dirigenten gearbeitet hat.

Zuletzt mit dem ehemaligen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, Simon Rattle, und dem aktuellen, Kirill Petrenko. Letzterem habe sie es zu verdanken, dass sie im vergangenen Januar in der Elbphilharmonie ihr Lieblingsstück spielen durfte: „Le sacre du printemps“ von Igor Strawinsky. „Das war schon immer mein Wunsch gewesen“, schwärmt die Musikstudentin, „und dann gleich mit diesem Dirigenten und in der Elbphilharmonie!“ Ein Traum sei da in Erfüllung gegangen.

Eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude

Beim Preisträgerkonzert des Jugendmusikpreis Leonberg am 8. November wird sie in der Leonberger Stadthalle Claude Paul Taffanels Fantasie über „der Freischütz“ spielen. „Die französischen Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts meinten es besonders gut mit uns Flötisten“, sagt die frischgebackene Preisträgerin. Es gebe aber auch tolle Bachsonaten für Querflöte und von Mozart immerhin eineinhalb Flötenkonzerte. Mit Lampenfieber hat die begabte Musikerin nicht zu kämpfen, eher kämpft das Lampenfieber mit ihr: „Unter Druck kann ich eigentlich besser spielen als ohne“, sagt die 17-Jährige selbstbewusst. „Das ist dann auf der Bühne idealerweise eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude.“

So viel Abgeklärtheit in so jungen Jahren lässt die Frage aufkommen, wohin das alles wohl noch führen mag? Sie winkt ab: „Ich werde jetzt ganz sicher nicht sagen, ich will später mal bei den Berliner Philharmonikern spielen.“ Dafür ist Naemi zu realistisch: „Es ist schon schwer genug, überhaupt von einem Orchester genommen zu werden“, sagt sie. Einen Plan B hat sie dennoch nicht. Wieso auch: „Ich konzentriere mich jetzt erst einmal 100-prozentig auf die Musik, und wenn das nicht klappen sollte, habe ich mein Abi in der Tasche.“

Keine Frage, Naemi Võsand weiß genau, was sie will. Und wir wollen zum Abschluss des Gesprächs noch wissen, woher eigentlich dieser so schön klingende Name mit der geschwungenen Linie auf dem O stammt. Da zeigt die ganz in Schwarz gekleidete Musikerin noch einmal ihr strahlendes Lächeln und sagt, bevor sie das Café verlässt: „Estland! Mein Vater ist Este.“