Austausch: Der Jugendgemeinderat trifft sich mit den erwachsenen Kollegen.

Renningen - Der Beamer ist aufgebaut, an jedem Platz liegt die Tagesordnung neben dem Namensschild, Butterbrezeln samt Getränken stehen bereit. Es ist Mittwochabend kurz vor 19 Uhr. Im Bürgerhaus treffen sich zur offiziell ersten gemeinsamen Sitzung der Gemeinderat der Rankbachstadt und ihr vor vier Monaten neu gewählter Jugendgemeinderat (JGR). Der JGR ist die Interessenvertretung aller Jugendlichen in Renningen und Malmsheim, seine Aufgabe ist es, in allen die Jugend betreffenden Angelegenheiten mitzuwirken. Für seine Aktionen steht dem JGR ein Budget von 5000 Euro zur Verfügung.

 

So professionell, wie der Raum vorbereitet ist, präsentieren sich an diesem Abend auch die jungen Räte im Alter von 13 bis 18 Jahren, die zum Treffen eingeladen haben. Mehr als die Hälfte des Gemeinderates ist zur Sitzung gekommen, der Jugendgemeinderat ist mit 17 Teilnehmern so gut wie vollständig, nur ein Mitglied fehlt krankheitshalber. Nach einer Begrüßungsrunde, bei der sich alle kurz vorstellen, stellt ein fünfköpfiges Gremium unter dem Vorsitz der 17-jährigen Mika Sharif die Projekte und Ideen vor, die der JGR in den kommenden zwei Jahren umsetzen, anstoßen oder weiterführen möchte. Durch neun Tagesordnungspunkte führen Mika Sharif, Nicholas Galli, Luise Haberland, Henry Zimmermann und Yan Baier die Gemeinderäte. Sachlich, klar und gut verständlich stellen sie Pläne, Aktionen und Ideen für ihre anstehende Amtszeit vor, so, wie sie bei der Klausurtagung Mitte Juni in Bad Liebenzell diskutiert und beschlossen wurden.

Eine eigene Seite im Amtsblättle

So soll das Projekt Sonnenschein, bei dem Spenden für Bedürftige gesammelt werden, fortgesetzt und verschiedene Kreativwettbewerbe in Angriff genommen werden. Eine Jugendseite im Amtsblättle mit Veranstaltungen aus benachbarten Gemeinden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind, soll initiiert werden, damit der Blick der Jugendlichen über den Tellerrand hinaus gehen kann.

Das größte Projekt scheint die Renovierung der „Old School“, des Renninger Jugendhauses, zu werden. Dazu hat der JGR eine Umfrage an Gymnasium und Realschule durchgeführt und festgestellt, dass viele Schüler das Jugendhaus gar nicht kennen. Und die, die es kennen, bemängeln Sauberkeit und Einrichtung. Verbesserungsvorschläge der Schüler hat der JGR gleich aufgegriffen und in sein Renovierungspaket mit aufgenommen. Die konkreten Maßnahmen, die vorgestellt werden, sind sehr kreativ, und Gemeinderat Jürgen Lauffer bietet spontan Hilfe an bei der Idee, in einem Work Camp mit vielen Jugendlichen zusammen Möbel aus Paletten herzustellen.

Berufswahl, Sportturniere, Studienfahrten

Rätin Resi Berger-Bäuerle ist aufgefallen, dass die Schüler der Werkrealschule nicht befragt wurden, obgleich hauptsächlich diese das Jugendhaus nutzen. Yan Baier erklärt, dass im JGR keine Werkrealschüler seien und der JGR deshalb schwer einen Anknüpfungspunkt gefunden hätte. Man kenne die Schüler einfach nicht. Der Gemeinderat und ehemalige Schulleiter der Friedrich-Schiller-Schule, Gerhard Kicherer, hat im Gespräch vor der Sitzung schon bedauert, dass sich kein Werkrealschüler für den Jugendgemeinderat hat aufstellen lassen. Der Punkt wird notiert, die bessere Durchmischung der Schülergruppen kommt auf die Agenda.

Es geht weiter mit angedachten Aktionen für die Hilfe bei der Berufswahl und mit Sportturnieren, Studienfahrten in Politikzentren wie den Bundestag oder in die Partnerstädte Mennecy und Occhiobello, einem geplanten Spendenlauf und, ganz wichtig, der Teilnahme an der Bürgerversammlung im November, bei sich der JGR bekannt machen möchte. Auch der Spaß kommt nicht zu kurz, mehrere Konzerte und Partys stehen auf dem Programm.

Faißt: „Einfach toll, wie die das anpacken“

Sie haben sich viel vorgenommen, die jungen Räte, und so wie die erste Sitzung geführt wurde, scheint es durchaus möglich, dass dieser JGR viel bewegen wird. Bürgermeister Wolfgang Faißt ist begeistert: „Einfach toll, wie die das anpacken. Der JGR ergreift die Initiative und handelt.“ Auch der Erste Beigeordnete Peter Müller ist davon beeindruckt: „Der JGR sagt nicht ,man muss‘, sondern ,wir machen’. Das ist ein großer Unterschied“, findet er. Der JGR ergreift damit nicht nur die Initiative, sondern übernimmt Verantwortung, und das gefällt den Stadtoberen.

Nach einer Stunde ist der offizielle Teil der Sitzung vorbei. Bei den abschließenden Gesprächen suchen die gestandenen Gemeinderatsmitglieder unbefangen den Kontakt zum JGR, um Themen zu vertiefen, um nachzufragen oder um sich kennenzulernen. Mika Sharif und ihre Mitstreiter nehmen alle Punkte auf, sie lassen nichts ins Leere laufen, sondern notieren Ideen, Vorschläge und Kritik. Man wünscht sich, Politik wäre immer so vernünftig.