Josef Seethaler, langjähriger Lokalpolitiker und Chef des Bundes der Vertriebenen, feiert Geburtstag.

Weil der Stadt - Ein Leben für die Heimat, dies ist das Lebensmotto von Josef Seethaler“ – so heißt es in der offiziellen Einladung des Weil der Städter Rathauses zu Seethalers Geburtstagsempfang am heutigen Freitag. Ein geschicktes Wortspiel, denn für Josef Seethaler stimmt das gleich im doppelten Sinne: Er ist ein Vertriebener, der sich ein Leben lang für die Belange der Vertriebenen einsetzte. Aber er ist auch ein langjähriger Lokalpolitiker, dem seine „neue“ Heimat Weil der Stadt am Herzen liegt. Seine Lebensleistung war es, beides zu vereinen. Heute feiert er seinen 90. Geburtstag.

 

Geboren wird Josef Seethaler am 23. März 1928 als erstes von acht Kindern im Dörfchen Moskowitz in Südmähren, damals ein Teil von Österreich-Ungarn. Seine Eltern besitzen einen kleinen Lebensmittelladen. Er wächst hier auf und geht während des Zweiten Weltkriegs zur Schule. 1944 macht er seinen Realschulabschluss und wird für das letzte Kriegsjahr eingezogen.

Nach dem Ende des Kriegs kehrt er nach Moskowitz zurück, doch für ihn und all die anderen Deutschstämmigen in der Tschechoslowakei ist nichts, wie es vor dem Krieg war. Sie werden    drangsaliert, bedroht und schließlich vertrieben. Mit gerade einmal 20 Kilo ihres Hab und Guts brachten die Vertreiber Seethaler, seine Mutter und sieben Geschwister am 20. Juni 1946 in die Kreisstadt Znaim. Der Vater war kurz zuvor gestorben. In einem Waggon kommen sie erst nach Bayern und dann in ein Vertriebenenlager nach Malmsheim. Schließlich werden sie nach Weil der Stadt gebracht, wo sie eine neue Heimat finden sollten – und Seethaler eine Lebensaufgabe.

1948 tritt er in den Bund der Vertriebenen ein

„Ich habe das Leid meiner Mitmenschen aus den Vertreibungsgebieten gesehen“, sagt er. Es fehlte vor allem an Geld und an Wohnraum. „Also beschloss ich, zu helfen.“ Im Jahr 1948 tritt er in den Bund der Vertriebenen (BdV) ein. Er hilft bei Behördengängen, erklärt die Formulare für die Rente oder das Lastenausgleichgesetz. Auch unterstützt er andere Vertriebene bei der Arbeitssuche. Er selber verdient sein Geld erst bei den Technischen Werken und dann bei der Öffentliche Bausparkasse Württemberg. Dadurch engagiert er sich auch in einer der schwäbischsten Disziplinen überhaupt – dem Häusle bauen – indem er seine Schicksalsgefährten bei der Baufinanzierung unterstützt.

Im Jahr 1953 wird er zum jüngsten Gemeinderat in ganz Baden-Württemberg gewählt. Mit 25 Jahren, dem damaligen Mindestalter für dieses Amt, zieht er für die Bürgerliche Wählervereinigung, aus der später die CDU entstand, in den Weil der Städter Gemeinderat ein. Im Laufe seiner Karriere wird er sogar bis zum Vizebürgermeister aufsteigen.

„Als Politiker war es mir wichtig, alte und neue Weil der Städter zusammenzubringen und gemeinsam zu wachsen“, erklärt Seethaler, der sehr überlegt spricht. „Ich glaube, dass mir das auch gut gelungen ist.“ Seine Stimme ist leise und rau – eine Spätfolge des schweren Autounfalls im Jahr 1980, der ihn zeitweise seine Stimme kostete. Auch sein Amt im Gemeinderat legte er daraufhin nieder. „Aber die CDU war, ist und bleibt meine Partei, Ich bin immer noch Mitglied!“, versichert er. Dem Ortsverband des BdV steht er bis heute vor, bald seit 70 Jahren.

Stärkung des friedlich geeinten Europas

In diesem Amt fand er auch nach seiner politischen Laufbahn ein neues Herzensprojekt. Er spricht ganz unbescheiden von Völkerverständigung und der Stärkung des friedlich geeinten Europas. Bereits kurz nach der Wende besucht er erstmals seine Heimat: „Das war ein sehr – ich weiß gar nicht wie ich es beschreiben soll – bewegender Moment“, erinnert er sich. Zwischen den Satzteilen lässt er lange Denkpausen. Schneller schiebt er dann nach: „Aber es hatte nie etwas mit Hass zu tun!“ Das sei ihm ganz wichtig, betont er. So organisierte er schon bald über den BdV Fahrten zwischen Weil der Stadt und Znaim.

Im Jahr 1998 fährt er sogar mit einer Weiler Delegation inklusive Bürgermeister zu Gesprächen nach Tschechien. „Dieses Erlebnis wird keiner der Beteiligten vergessen“, ist er überzeugt. Die beiden Städte sind heute freundschaftlich verbunden, ebenso wie Seethaler und der damalige tschechische Bürgermeister. In seinem Heimatdorf war Seethaler seitdem schon über 20 Mal. „Unser Haus steht sogar noch, es ist jetzt ein Gasthof“, freut er sich.

Auch die Partnerschaft mit dem französischen Städtchen Riquewihr liegt ihm am Herzen. Er war als Gemeinderat 1961 bei der Unterzeichnung der Partnerschaft dabei. In seiner Rede zum 50. Jubiläum sagt er: „Damals sagten unsere Regierungen, es dürfe nie wieder Krieg zwischen Deutschland und Frankreich geben. Und auch 50 Jahre später treffen sich jedes Jahr Schülergruppen beider Städte.“ Am Ende der Rede hätte es stehende Ovationen gegeben. „Davon kriege ich noch immer Gänsehaut!“, sagt Seethaler. Heute wohnt Seethaler mit mehreren Generationen seiner Familie in einem Haus, von dem aus er ganz Weil der Stadt überblicken kann. Insgesamt haben er und seine verstorbene Frau Elisabeth drei Kinder, die ihm bis heute drei Enkel und sechs Urenkel geschenkt haben. „Dass ich meine Urenkel noch aufwachsen sehen kann, ist meine größte Freude“, sagt er lächelnd. Am heutigen Freitag wird es einen Empfang im Rathaus für Seethaler geben, der auch Träger der Goldenen Ehrenmedaille der Stadt ist. Am Nachmittag soll es dann eine große Feier mit vielen Verwandten und Freunden geben. Herzlichen Glückwunsch!