Der IG geht es vor allem um den Faktor Lärm. Sie befürchten mehr Emissionen bei einer Überführung.

 

Den Lärm der gesamten Maßnahme bekämen wir mit einer Überführung besser in den Griff. Von der Brücke strahlt der Lärm natürlich ab, der Hauptlärm geht aber von der Hauptstrecke der B 295 aus. Die Rampen für die Überführung würden dagegen abschirmen, man bräuchte zusätzlich allenfalls noch eine kleine Wand gegen den seitlichen Schalleinfall. Bei einer Unterführung hätte man eine freie Schallausbreitung von der B 295. Dagegen müsste man dann einen gesonderten Schallschutz bauen, das wäre ein Mix aus Wall und Lärmschutzwänden. Grundsätzlich müssen bei beiden Varianten die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden.

Die Argumente der IG richten sich außerdem gegen Lichtverschmutzung und die Unterbrechung der Frischluftschneise. Wie wirkt sich hier der Unterschied Unterführung-Überführung aus Ihrer Sicht aus?

Zunächst: Von Lichtverschmutzung spricht man erst, wenn der Scheinwerfer wirklich ins Schlafzimmerfenster reinscheint. Und das ist bei der Entfernung zu den Häusern gar nicht möglich. Beim Punkt Frischluftschneise haben wir schon zugesagt, dass wir ein entsprechendes Gutachten nachreichen. Nach unserer Erfahrung ist auf einer so kurzen Strecke aber nicht zu erwarten, dass die Frischluftschneise hier unterbrochen wird.

Eine Frage, die man sich als Laie stellen könnte: Wieso braucht eine Stadt in der Größe von Renningen überhaupt eine dritte große Anbindung an die Bundesstraßen? Im Süden gibt es sowohl eine Verbindung zur B 295 als auch zur B 464.

Wie ist der aktuelle Stand beim Ausbau der A 81?

Die Planung wurde vom Land an die Deges übergeben (Die Deges ist eine Projektmanagementgesellschaft, die komplexe Verkehrsinfrastrukturprojekte umsetzt. Gesellschafter sind zwölf Bundesländer. Anm. d. Red.). Den aktuellen Zeitplan der Deges kennen wir noch nicht, wir gehen aber weiter von einer Verkehrsfreigabe im Jahr 2026 aus.

2026 – das ist noch ziemlich weit weg. Werden Sie den Abschluss des Lückenschlusses als Amtsleiter überhaupt noch erleben?

Nein, ich bin inzwischen über 60.

Und wenn der Lückenschluss vor dem Ausbau der A 81 gekommen wäre? Wer das Projekt verzögert hat, darüber gehen die Meinungen der Beteiligten ja bis heute weit auseinander.

Dann wahrscheinlich schon. Bautechnisch ist das Ganze keine große Herausforderung, selbst Brückenbauten sind heutzutage keine große Kunst mehr. Der Bau wird sicher in ungefähr zwei Jahren erledigt sein. Aber die Planung dauert eben ihre Zeit.

Die Angst vor einem Verkehrskollaps

Wie begegnet man den Befürchtungen, dass es rings um Renningen zu einem Verkehrskollaps kommt, wenn die Bauarbeiten an der Autobahn beginnen?

Wir tun alles, was wir können, um genau diese Situation nicht aufkommen zu lassen. Deshalb ist eine Vorgabe beim Ausbau der A 81, dass immer vier Fahrstreifen im Baustellenbereich zur Verfügung stehen. Dass die B 295 heute schon überlastet ist und sie viel Ausweichverkehr abbekommt, hat vor allem damit zu tun, dass die A 81 eben noch nicht ausgebaut ist.

Von einigen wird gemutmaßt, dass der Lückenschluss das Problem der langen Staus nicht lösen wird, da die stellenweise Einspurigkeit der B 295 die Staus in Wahrheit verursache. Sehen Sie das auch so?

Die Leistungsfähigkeit der Strecke ist nach den Kriterien des Bundes ausreichend. Das heißt, dass es in den Spitzenstunden schon kleinere Rückstaus am Naturtheater geben kann, wo die Straße einspurig wird, die werden sich aber schnell wieder auflösen. So etwas wird sich nie ganz vermeiden lassen. Alle anderen Probleme werden mit dem Lückenschluss aber gelöst. Man muss auch bedenken: Wenn die A 81 erst ausgebaut ist, wird es auch kaum noch Ausweichverkehr von der Autobahn geben.

Da erübrigt sich die Frage, warum die Strecke nicht gleich durchgehend vierspurig gebaut wurde…

Der Bund hat immer betont, dass die Strecke gerade nicht als autobahnähnliche Bundesstraße vorgesehen ist, weil der Autobahnverkehr nach dem Ausbau fließen wird – außer natürlich bei Unfällen oder ähnlichem.

Nun ist in Sachen Lückenschluss fast alles unter Dach und Fach: Renningen bekommt seine Südanbindung an die B 464, auch die Südrandstraße wird es geben. Nur ein Punkt ist noch offen: Wie wird die Leonberger Straße im Renninger Osten an die B 295 angebunden? Die Interessengemeinschaft Burg-Hummelbaum-Kindelberg macht sich für eine unterirdische Anbindung stark. Sie selbst halten eine Überführung für sinnvoller. Können Sie erklären, warum?

Verkehrstechnisch gibt es grundsätzlich keine wesentlichen Unterschiede. Aber es gibt noch viele weitere Kriterien. Eine Unterführung liegt zum Beispiel komplett im Grundwasser, das ist ein umweltrelevanter und wirtschaftlicher Aspekt. Wir müssten sie komplett in eine riesige „Wanne“ legen. Das ist eine sehr voluminöse und fünf- bis sechsmal teurere Konstruktion. Und man muss im Betrieb auch dafür sorgen, dass Regenwasser schnell abgepumpt wird, dafür bräuchte man eine entsprechende Pumpeinrichtung und noch eine Ersatzpumpe.

Wie laut wird es wirklich?

Der IG geht es vor allem um den Faktor Lärm. Sie befürchten mehr Emissionen bei einer Überführung.

Den Lärm der gesamten Maßnahme bekämen wir mit einer Überführung besser in den Griff. Von der Brücke strahlt der Lärm natürlich ab, der Hauptlärm geht aber von der Hauptstrecke der B 295 aus. Die Rampen für die Überführung würden dagegen abschirmen, man bräuchte zusätzlich allenfalls noch eine kleine Wand gegen den seitlichen Schalleinfall. Bei einer Unterführung hätte man eine freie Schallausbreitung von der B 295. Dagegen müsste man dann einen gesonderten Schallschutz bauen, das wäre ein Mix aus Wall und Lärmschutzwänden. Grundsätzlich müssen bei beiden Varianten die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden.

Die Argumente der IG richten sich außerdem gegen Lichtverschmutzung und die Unterbrechung der Frischluftschneise. Wie wirkt sich hier der Unterschied Unterführung-Überführung aus Ihrer Sicht aus?

Zunächst: Von Lichtverschmutzung spricht man erst, wenn der Scheinwerfer wirklich ins Schlafzimmerfenster reinscheint. Und das ist bei der Entfernung zu den Häusern gar nicht möglich. Beim Punkt Frischluftschneise haben wir schon zugesagt, dass wir ein entsprechendes Gutachten nachreichen. Nach unserer Erfahrung ist auf einer so kurzen Strecke aber nicht zu erwarten, dass die Frischluftschneise hier unterbrochen wird.

Eine Frage, die man sich als Laie stellen könnte: Wieso braucht eine Stadt in der Größe von Renningen überhaupt eine dritte große Anbindung an die Bundesstraßen? Im Süden gibt es sowohl eine Verbindung zur B 295 als auch zur B 464.

Die Anbindung an die Leonberger Straße stand nie zur Diskussion, der Bund hat sie nie infrage gestellt und auch Renningen hat sie kategorisch gefordert. Wir halten sie für sinnvoll und wichtig. Vom Standpunkt der Verkehrssicherheit sind weniger Anbindungen grundsätzlich natürlich immer besser. Aber mit knapp 20 000 Einwohnern ist Renningen nicht ganz klein. Ohne diesen Anschluss müsste der komplette Verkehr nach Stuttgart über den Anschluss am Kindelberg fahren, diese Anschlussstelle wäre dann völlig überlastet. Dagegen war die zusätzliche Anbindung der Magstadter Straße an die B 464 so erst nicht vorgesehen. Die gibt es vor allem deshalb, weil die Stadt Renningen darauf bestanden hat.

Gibt es Erhebungen, wie viele Autos die Ab- und Auffahrt Renningen-Ost überhaupt nutzen?

Die Prognose lautet auf rund 9000 Autos auf der Leonberger Straße. Das sind Autos, die von der Bundesstraße kommen oder von Renningen dorthin auffahren wollen. Aber nicht alle davon müssen über die Brücke fahren.

Von Mitgliedern der IG BHK wird gerne geunkt, dass die dortige Ampelkreuzung ihnen damals schmackhaft gemacht wurde, da sie verhindere, dass die B 295 zur Ersatzautobahn wird. Jetzt kommt die Ampel weg – ist der Weg für die gefürchtete Ersatzautobahn damit geebnet?

Es mag sein, dass irgendjemand das damals so gesagt hat. Aber vom Bund gibt es seit 2012 neue Richtlinien. Auf einem solchen Streckenzug mit dieser Verkehrsbedeutung und Verkehrsmenge darf es keine Ampeln geben, das Unfallrisiko ist zu groß. Die Gefahr einer Ersatzautobahn sehe ich trotzdem nicht. Es ist so, dass die Strecke von Böblingen-Hulb nach Leonberg-West bei normaler Verkehrslage über die B 464 und die B 295 länger dauert als über die Autobahn. Zudem hat man auf der B 464 die meiste Zeit keine Überholmöglichkeit. Der Fernverkehr bleibt da sicherlich auf der Autobahn. Bei einem Unfall auf der Autobahn wird es weiter Ausweichverkehr geben, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern lassen. Aber im Alltag sind die Bundesstraßen als Alternativroute nicht attraktiv, wenn die A 81 erst mal ausgebaut ist.

Zur Person Jürgen Holzwarth

Jürgen Holzwarth ist seit 2010 Leiter der Straßenplanung im Regierungspräsidium Stuttgart und mit dem Lückenschluss betraut. Zwar läuft die Planung über externe Ingenieurbüros, inhaltlich und fachlich trägt das RP jedoch die Verantwortung für das Projekt. Die Interessengemeinschaft Burg-Hummelbaum-Kindelberg ist eine Bürgerinitiative, die sich aus Bewohnern dieser Wohngebiete zusammensetzt.