Die ersten Wochen des Jahres nutzen wir, um mit Bürgermeistern über ihr ganz besonderes Amt zu sprechen. Was bedeutet es, im 21. Jahrhundert Oberhaupt einer Kommune zu sein? Was bewegt einen Schultes? Heute: Jürgen Troll aus Heimsheim.

Heimsheim - Seit Januar dürfen keine größeren Gruppen mehr in den Schleglerkasten, mit Egelsee II bekommt Heimsheim ein neues Gewerbegebiet im Norden der Stadt. Was den Bürgermeister Jürgen Troll gerade sonst noch alles beschäftigt und ob er als „Strudelbachhexe“ schon voll im Fasnetsfieber ist, verrät er im Gespräch mit unserer Zeitung.

 
Herr Troll, im letzten Jahr ist in Heimsheim eine Menge passiert. Als erstes fällt einem sicherlich das Schleglerschloss ein, das aus Brandschutzgründen für große Gruppen seit Januar tabu ist. Hätten sie vor einem Jahr mit einer solchen Entwicklung gerechnet?
Nein, das war so nicht zu erwarten. Ich bin auch über die Handhabung des Themas vonseiten des Landes enttäuscht. Alles dauert einfach sehr lange, mir fehlt das Engagement. Die Stadt hätte da als Eigentümer sicher mehr Einsatz an den Tag gelegt.
Auch das avifaunistische Gutachten – Stichwort: Windkraft im Merklinger Wald – wurde mittlerweile auf den Weg gebracht. Was kann man sich darunter vorstellen, und wie weit ist es inzwischen gediehen?
Die Gutachter müssen feststellen, ob im Einzugsbereich des Gebiets Tierarten vorkommen, die nach dem Gesetz in besonderer Art geschützt sind. Die Untersuchung läuft schon, der Untersuchungszeitraum geht über eine ganze Vegetationsperiode. Im Winter bereiten sich die Gutachter vor, sobald die Natur erwacht, geht es los.
Der Startschuss für das Wohngebiet Lailberg II ist im November gefallen, aktuell laufen die Vorbereitungen für das neue Gewerbegebiet Egelsee II. Ist denn vorgesehen, anders als in Lailberg II, diesmal sämtliche Flächen selbst zu vermarkten?
Es sind noch private Eigentümer dabei, aber wir haben schon Interesse daran, diesmal alles selbst zu kaufen. In der ersten Verhandlungsrunde waren noch nicht alle bereit, aber vor der Sommerpause möchten wir noch mal mit allen Eigentümern sprechen. Bis zum Jahresende sollten wir das Bebauungsplanverfahren abschließen.
Hat die Stadt bestimmte Branchen oder Unternehmen im Blick, die sie gern in dem Gebiet hätte?
Wir haben einen Ansiedlungswunsch eines großen Unternehmens. Das macht schon ein Drittel der 60.000 Quadratmeter aus. Die anderen zwei Drittel sind noch nicht verplant, aber wie ich den Gemeinderat verstanden habe, sollen einige Flächen als Expansionsflächen für Betriebe bereitgehalten werden, die hier bereits ansässig sind.
Gibt es auch bestimmte Arten von Betrieben, die Sie nicht so gerne am Ort hätten? Wenn Flächen doch privat vermarktet werden und nicht über die Stadt, kann das manchmal zum Problem werden.
So ein Problem haben wir tatsächlich im Gebiet Egelsee I in Form der Pool-Tankstelle. Die ist so angelegt, dass Lastwagen, die hineinwollen, schnell bis raus auf die Straße stehen, was sich natürlich auf die anderen Gewerbetreibenden auswirkt. Die Stadt war damals gegen die Tankstelle, jetzt sieht man die Auswirkungen. Schon deshalb wäre es wünschenswert, wenn die Stadt diesmal alle Flächen in der Hand hätte. Vieles lässt sich aber tatsächlich schon im Vorfeld über den Bebauungsplan regeln, wer sich ansiedeln darf und wer nicht.
Für die Stadtkernentwicklung sind im Haushaltsplan 200 000 Euro eingeplant. Wie wird es da weitergehen?
In diesem Jahr wollen wir auf jeden Fall den Schlossgartenweg noch überplanen. Unser Wunsch wäre, dort barrierefreies Wohnen zu realisieren. Die Möglichkeiten sind eingeschränkt wegen des Denkmalschutzes, aber wir untersuchen es. Außerdem wollen wir einen städtebaulichen Wettbewerb für die Stadtmitte auf den Weg bringen.
Um Sie herum wird und wurde gerade viel gewählt – Friolzheim behält seinen Bürgermeister Michael Seiß, Rutesheim bekommt mit Susanne Widmaier eine Bürgermeisterin. Im März ist Wimsheim an der Reihe. Haben Sie die Wahlen und vor allem die Wahlkämpfe in Ihrer Nachbarschaft verfolgt?
Ich muss gestehen: nein. Über das meiste habe ich mich nur über die Zeitung informiert. Ich registriere natürlich das Ergebnis, aber die Zeit davor verfolge ich nicht intensiv. Weil ich es für Heimsheim nicht so bedeutend finde. Wenn man den Wahlsieger kennt und eine gegenseitige Sympathie da ist, macht es die Sache natürlich angenehmer. Aber davon hängt die interkommunale Zusammenarbeit nicht ab.
Sie selbst sind zwar „erst“ seit vier Jahren Bürgermeister, haben aber schon viele Jahre an Verwaltungserfahrung. Würden Sie sagen, dass sich die Arbeit eines Bürgermeisters in der Vergangenheit stark geändert hat? Auch vom Umgang mit den Bürgern oder was deren Erwartungshaltung angeht?
Ich denke, das ist vom persönlichen Stil jedes Bürgermeisters abhängig. Es war früher und heute so, dass man viel Kontakt mit den Bürgern hat, da lege ich persönlich auch Wert darauf. Dass Bürger Kritik äußern oder bestimmte Erwartungen haben, das gab es früher auch schon, da gab es vielleicht nur noch nicht so viele Möglichkeiten, dies mitzuteilen. Aber das empfinde ich nicht als Belastung, denn das wusste ich vorher schon.
Viel Zeit für Privates, das hatten Sie ja schon gesagt, bleibt als Bürgermeister nicht mehr. Trotzdem sind Sie den Flachter Strudelbachhexen als Mitglied treu geblieben. Sind Sie denn gerade voll im Fasnetsfieber?
Nein, mir fehlt die tatsächlich Zeit. Ich versuche immer, am einen oder anderen Termin dabei zu sein, aber es gelingt mir kaum. Auf Umzügen gehe ich gerne mit, aber auch das leider zu selten. Letztes Jahr habe ich es zweimal geschafft, dieses Jahr versuche ich, in Tiefenbronn und Leonberg dabei zu sein.
Wie sind Sie denn bei den Hexen gelandet?
Ich bin in einer Fasnachtshochburg aufgewachsen, da wurde mir das wohl in die Wiege gelegt (lacht). In Weissach, wenn die Strudelbachhexen das Rathaus gestürmt haben, war ich zunächst auf der „Verteidigerseite“. Irgendwann hab ich dann die Fronten gewechselt. Die Flachter Strudelbachhexen sind einfach gut drauf.
Eine ehrliche Antwort: Haben Sie als Hexe schon mal mit Stroh jemanden „eingeseift“?
Nein, so was mache ich nicht. Ich habe genug damit zu tun, dass ich mit der Larve auf dem Gesicht meinen Weg sehe. Ein bisschen Schabernack treibe ich schon, aber kein Einseifen. Das würde ich nur machen, wenn ich jemanden sehr gut kenne.

Das Gespräch führte Kathrin Klette

Zur Person Jürgen Troll

Jürgen Troll kommt gebürtig aus Philippsburg. Der 52-Jährige ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Für Hobbys hat er nach eigener Aussage nicht mehr viel Zeit. Trotzdem ist er noch bei den Flachter Strudelbachhexen aktiv und spielt gerne Skat, früher war er viel im Jugendfußball engagiert.

Der studierte Diplom-Verwaltungswirt arbeitete zunächst bei der Bau-Berufsgenossenschaft in Karlsruhe und trat anschließend eine Stelle im Weissacher Rathaus an. Dort war er 21 Jahre lang tätig, zuletzt als Hauptamtsleiter, bevor er sich 2013 als Bürgermeister von Heimsheim bewarb.