Der für die Luftrettung Verantwortliche Wilfried Klenk (CDU) bekräftigt, dass Christoph 41 an die Alb verlegt wird. Die Abgeordneten Sabine Kurtz (CDU) und Peter Seimer (Grüne) unterstützen diesen Plan.

Für den Redaktionsbesuch hat Wilfried Klenk zwei „Ansagen“, wie er es nennt, im Gepäck. Erstens: „Ein Rettungshubschrauber kommt in die Achse Reutlingen-Tübingen. Und das ist der aus Leonberg.“ Zweitens: „Ich habe mehr Ahnung vom Rettungswesen, als alle anderen, die sich selbst Rettungsexperten nennen.“

 

Es sind harsche Worte, die der Staatssekretär im baden-württembergischen Innenministerium wählt. Aber der CDU-Politiker ist genervt. Genervt von der ständigen Kritik, mit der insbesondere der FDP-Landtagsabgeordnete Hans Dieter Scheerer aus Weil der Stadt die Verlegungspläne des Hubschraubers Christoph 41 begleitet. Dass die Zeitung nicht minder kritisch berichtet, gefällt dem fürs Rettungswesen verantwortliche Mann im Ministerium natürlich auch nicht.

Die Sicht der Regierungsabgeordneten Um darzulegen, wie er die Dinge sieht, hat sich der Staatssekretär zur Zeitung begeben und gleich eine Kollegin mitgebracht. Sabine Kurtz ist zwar Staatssekretärin im Agrarministerium, hat also vom Fachlichen her mit der Thematik nichts zu tun. Aber sie ist auch Abgeordnete, und zwar direkt aus Leonberg.

Ebenfalls Wahlkreis-Abgeordneter ist Peter Seimer von den Grünen. Genau wie seine CDU-Kollegin hat er sich aus eigenem Antrieb zur Standortfrage um den Rettungshubschrauber nicht öffentlich geäußert. Im Petitionsausschuss, dem Seimer angehört, hat er indes im Mai gegen den Verbleib von Christoph 41 in Leonberg gestimmt.

Dass beiden von unserer Zeitung attestiert wird, sie verhielten sich linientreu, um im grün-schwarzen Bündnis keine neuen Brandherde zu entfachen und dafür lieber die Belange ihres Wahlkreises vernachlässigen, wollen sie so nicht stehen lassen.

„Ich habe keineswegs die Hände in den Schoß gelegt“, versichert Sabine Kurtz. Vielmehr habe sie mit Medizinern und Vertretern des Technischen Hilfswerks, die eine Petition für den Hubschrauber-Standort initiiert hatten, gesprochen. „Aber die Argumente der Regierung haben mich sehr überzeugt. Die Menschen im ländlichen Raum haben genauso einen Anspruch auf medizinische Versorgung, wie jene im Ballungsraum.“ Die CDU-Politikerin räumt ein, dass die Menschen im Raum Leonberg „eine große emotionale Bindung zum Rettungshubschrauber haben. Aber er gehört uns nicht“.

Auch Peter Seimer beruft sich auf übergreifende Erwägungen: „Was mir fehlt, ist der Blick fürs große Ganze,“, meint der Grüne. Schließlich gehe es um Menschenleben im ganzen Land und nicht nur vor der eigenen Haustür. Und selbst wenn man einen zusätzlichen Hubschrauber stationiere: Was wäre, wenn der am Ende gar nicht ausgelastet wäre und das Notärzte-Team nur an drei Tagen in der Woche zum Einsatz käme?

Die Haltung des Staatssekretärs Wie immer man es auch sieht: Emotional wird die Debatte um den Abzug von Christoph 41 vom Klinikum in Leonberg auf jeden Fall geführt. Dem verantwortlichen Staatssekretär ist daher sehr daran gelegen, zu einigen Versionen Stellung zu nehmen: „Es gab im Vorfeld keine Vorgaben für das Gutachten.“ Wilfried Klenk bestreitet damit die Behauptung, das Münchener Gutachterbüro habe die ministerielle Maßgabe gehabt, keine Notwendigkeit weiterer Hubschrauber-Standorte festzustellen. „Eine politische Einflussnahme hat es nicht gegeben.“

Nicht alleinige Sache des Landes

Selbst wenn das Gegenteil der Fall gewesen wäre, also dass das Ministerium zusätzliche Helikopter-Stationen begrüßt hätte: So einfach ginge es nicht. Sei doch die Durchführung und Finanzierung der Luftrettung keineswegs alleinige Sache des Landes.

Lediglich der Bau der Standorte obliege dem Ministerium. Der eigentliche Flugbetrieb werde von nichtstaatlichen Organisationen übernommen, aktuell ist es die DRF Luftrettung. Und das wiederum wird von der AOK finanziert. Die allerdings habe klar signalisiert, keine zusätzlichen Hubschrauber bezahlen zu wollen. Wenn die Kasse nicht mitzieht, seien dem Land die Hände gebunden: „Wenn wir einen elften oder zwölften Helikopter hätten stationieren können, dann hätten wir es auch gemacht.“

Was ist mit der Petition? Kann sich die Politik trotzdem einfach so über den Bürgerwillen hinwegsetzen und eine mit fast 28 000 Unterschriften unterstützte Petition abschmettern? Das DRK-Mitglied Wilfried Klenk hat da seine eigene Meinung: „Wenn ich die Leute frage, ob sie gegen einen Abzug des Rettungshubschraubers vor Ort sind, unterschreiben natürlich alle. Und wenn die Unterschriften dann noch von Ehrenamtlichen in Uniform eingesammelt werden, dann gleich zweimal.“

Dass jene Aktiven von THW, Feuerwehr und Rotem Kreuz, die die Petition getragen haben, wirklich beurteilen können, worum es geht, stellt Klenk in Abrede. „Ohne ihr Engagement schmälern zu wollen, spreche ich ihnen die Kompetenz in dieser Frage ab. Selbst ich hätte eine solch komplexe Thematik nicht alleine entscheiden können.“ Zum Beleg für die eigene Expertise verweist der 63-Jährige auf seine fast 4o-jährige Erfahrung im Rettungswesen. 24 Jahre hat er sogar den Stuttgarter Rettungsdienst geleitet.

Ist eine Petition per se also nichts wert? Das will Peter Seimer so nicht sagen. Allerdings glaubt der Grünen-Abgeordnete nicht, dass jene, die für Christoph 41 in Leonberg unterschrieben haben, „sich so tief in die Thematik eingearbeitet haben, wie wir, die sich Tag und Nacht damit beschäftigen“. Ihren „guten Willen“ möchte er den Petenten aber dann doch nicht absprechen.

Und der Rund-um-die Uhr-Betrieb? Wie geht es jetzt weiter? Noch im November will Wilfried Klenk seine getroffene Entscheidung amtlich machen. Zu ihr gehört auch der Abzug eines Rettungshubschraubers aus Friedrichshafen. Dann müssen die neuen Standorte erst einmal endgültig gefunden, Grundstücke gekauft, Ausschreibungen gemacht und gebaut werden: „Fünf Jahre sind da nichts.“ So lange wird Christoph 41 weiterhin in Leonberg abheben.

Und was ist mit dem 24-Stunden-Betrieb, den jüngst Landrat Roland Bernhard und der Leonberger OB Martin Georg Cohn vorgeschlagen haben? Dafür sei Pattonville vorgesehen. „Sollte das aber nicht machbar sein“, so sagt Klenk, „werden die Karten neu gemischt“. Eine Karte im Spiel wäre Leonberg.