Ulrich Thumm hat eine ungewöhnliche Ausstellung organisiert.

Weil der Stadt - Der engagierte Weil der Städter Ulrich Thumm hat eine ganz besondere Ausstellung in die Keplerstadt getragen. Wie es dazu kam, ist eine ganz private Geschichte, das Thema der Ausstellung ist ein philosophisches und ein gesamtgesellschaftliches: „Humanismus. Geschichte und Gegenwart.“

 

Urheber der Ausstellung ist der „Humanistische Verband Deutschland“. Dessen Baden-Württembergischem Verband ist der Weiler vor vier Jahren beigetreten. Im Verband organisieren sich konfessionsfreie Menschen mit undogmatischer, aufklärerischer Weltanschauung.

Thumm, der, wie er sagt, aus einem extrem christlichen Elternhaus stammt, wurde mit 14 Jahren konfirmiert und ist mit 15 aus der Kirche ausgetreten. Seitdem beobachtet er das kirchliche Wirken im Land mit kritischem Blick, er ist mit vielem nicht einverstanden.

Ärger über „geschützte Zeiten“

Doch endgültig aufgebracht hat ihn das Ansinnen der Weiler Kirchengemeinden vor vier Jahren, die sogenannten „geschützten Gottesdienstzeiten“ bis 11.30 Uhr auszuweiten. Diese besagen, dass innerhalb dieser Zeiten keine anderen, weltlichen Veranstaltungen stattfinden dürfen.

Dieser christliche Tropfen hat sein freidenkerisches Gemüt zum Überlaufen gebracht, denn: „Das bedeutet, dass nahezu der ganze Sonntagvormittag für Feste, Märkte, Vereinsveranstaltungen und ähnliches tabu ist“, empört sich der Freidenker

Thumm argumentiert, dass dadurch in Zeiten verstärkter Kirchenaustritte und leerer Kirchen eine Minderheit über die kulturelle Selbstbestimmung der Mehrheit entscheidet. „25 Prozent der Weil der Städter sind Katholiken, 35 Prozent evangelisch“, sagt er, „und nicht alle davon sind praktizierende Christen“.

Eine Petition im Landtag hat Thumm dazu eingereicht, parallel hat er sich nach freigeistigen und humanistisch eingestellten Gleichgesinnten umgesehen. Der Baden-Württembergische Landesverband zählt rund 1000 Mitglieder, in Stuttgart bildet das Humanistische Zentrum, das Karl-Becker-Haus, den wesentlichen Treffpunkt und Veranstaltungsort. Hier ist Thumm auf die Ausstellung zur humanistischen Geschichte und Gegenwart gestoßen.

„Ich habe sofort gedacht, die muss zu uns nach Weil der Stadt kommen“, erzählt er. Seine Begeisterung ist spürbar. Kurzentschlossen präsentierte er die Idee bei der Stadtverwaltung und dem Kulturforum.

Beide zeigten sich offen für die Ausstellung, die von der Idee der religiösen und der weltanschaulichen Selbstbestimmung und der daraus resultierenden freiheitlichen Entwicklung handelt. Sie beschreibt die über Jahrhunderte währende Auseinandersetzung, die Freidenker mit Religionen und Kirchen um Glaubensfreiheit geführt haben, und sie scheut sich auch nicht, manche Fehler und Irrtümer aufzuzeigen, die seitens der Freidenker begangen wurden.

Reges Interesse

Zuerst wurde die Ausstellung 2007 im Preußischen Landtagsgebäude in Berlin gezeigt. Inzwischen ist aus der ursprünglichen Darstellung auf Tafeln eine moderne Roll-up-Präsentation geworden, die leichter von Ort zu Ort reisen kann. „Genau dafür ist die Schau konzipiert worden“, erklärt der Geschäftsführer des Landesverbandes, Andreas Henschel. „Wir wollen die Idee des Humanismus wieder populärer machen und zeigen, dass es Alternativen zur religiösen Gemeinschaft gibt.“

Das interessiert in Weil der Stadt, einer Stadt, in der das kulturelle Leben und das Vereinsleben eine große Rolle spielen und die, wie Ulrich Thumm schmunzelnd findet, „die eigentliche Hauptstadt des Würmtals“ sei, ganz unterschiedliche Menschen. Für den Montag, der für angemeldete Gruppen reserviert ist, haben sich verschiedenen Gruppen angemeldet, Schüler eines Ethik-Kurses ebenso wie Senioren.

Öffnungszeiten
Die Ausstellung kann noch Dienstag und Mittwoch jeweils von 18 bis 21 Uhr in der Wendelinskapelle besucht werden.