In der Gruppe mit Menschen, die Gleiches erleben, macht die Bewältigung von Abschied eines geliebten Menschen einfacher. Im Oktober startet eine neue Gruppe.

Leonberg - Die kontaktlose Zeit während der Coronapandemie, insbesondere im vergangenen Jahr, ist keine einfache im Leonberger Hospiz gewesen. Von insgesamt acht Plätzen waren phasenweise nur fünf belegt. Einige entschieden sich aus Angst vor Ansteckung eher dafür, die Angehörigen auf ihrem letzten Lebensweg doch lieber zu Hause zu pflegen.

 

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„In unserem Haus herrschte Ausnahmezustand, die Arbeit der Ehrenamtlichen war nicht möglich, unsere hauptamtlichen Pflegekräfte mussten nebenbei auch die hauswirtschaftliche Arbeit übernehmen, zum Glück hatten wir wegen unserer guten Hygienemaßnahmen keinen einzigen Corona-Fall“, sagt Karen Lücking-Löw, Mitglied im Hospiz-Vorstand.

Trauerarbeit ist systemrelevant

Froh ist die Pfarrerin, die bis zu ihrem Ruhestand im vergangenen Jahr als Klinikseelsorgerin gearbeitet hat, dass die Trauergruppen, die sie im Hospiz mit Daniela John, der Leiterin des ambulanten Hospizdienstes, seit drei Jahren anbietet, systemrelevant sind und daher auch weiter angeboten wurden. „Unter Corona-Bedingungen, alle mussten eine Maske tragen und auf ihrem Platz bleiben, Kleingruppenarbeit oder gar Umarmungen waren tabu.“

Die nächste Trauergruppe, die Daniela John und Karen Lücking-Löw hoffentlich mit weniger strikten Bedingungen leiten, findet im Evangelischen Gemeindehaus in Höfingen statt und startet am 25. Oktober. Das Angebot ist kostenfrei. Doch haben die Leiterinnen nichts gegen eine Spende, über die sich der Träger der Einrichtung, der Verein „Hospiz Leonberg e.V.“, freuen wird. Unterstützung bekommt die Einrichtung auch von der „Stiftung Leonberger Hospiz“, die 2001 gegründet wurde.

Nicht bewältigte Trauer kann krank machen

Lücking-Löw und John haben sich selbst zur Trauerbegleiterin ausbilden lassen, zwei weitere Ehrenamtliche im Leonberger Hospiz sind gerade dabei. „Wir wollen die Trauerarbeit auf eine breitere Basis stellen“, sagt Karen Lücking-Löw, die auch Notfallseelsorgerin ist. Trauerarbeit werde oft unterschätzt.

„Eine nicht bewältigte Trauer kann krank machen und zu nicht fassbaren Schmerzen führen“, weiß die Expertin und erzählt von einem Fall, wo ein Krankenhauspatient nach dem Tod seiner Frau plötzlich Schmerzen bekam, körperlich aber kein Leiden gefunden werden konnte. „Das sind psychosomatische Krankheiten.“ Trauer sollte man unbedingt lernen, sagt Karen Lücking-Löw.

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„Den Umgang mit ihr hat unsere Gesellschaft in vieler Hinsicht verloren. Es machte durchaus Sinn, ein Jahr lang schwarze Trauerkleidung zu tragen, dann hat man alle Lebensereignisse einmal erlebt und überlebt.“ Die dunkle Kleidung sei Schutz für die Betroffenen gewesen, die in dieser Phase Achtsamkeit brauchen, meint die Seelsorgerin, die das Verschwinden dieser Tradition sehr bedauert. In ländlichen Strukturen sei es üblich gewesen, dass sich die Nachbarschaft um die Hinterbliebenen gekümmert, ihnen täglich Essen vorbeigebracht hätten. „Da war täglich ein Kontakt gesichert.“

Der Abwesende darf noch anwesend sein

In nicht wenigen Fällen heißt Trauer heutzutage Vereinsamung und führe oft zu Sprachlosigkeit. Gut gemeinte schlaue Sprüche aus dem Umfeld, die oft zum Starksein animieren, bewirkten eher das Gegenteil. „Manchmal sammeln wir in unserer Trauergruppe solche Sprüche, merken, wie skurril die sein können und lachen dann gemeinsam drüber.“

Trauernde fühlten sich oft unnormal. „Doch es ist völlig in Ordnung, wenn du nach dem Tod eines geliebten Menschen weiterhin eine Portion mehr kochst, oder dass du in Tränen ausbrichst, wenn du dessen Parfüm riechst.“

Der Abwesende dürfe unbedingt noch anwesend sein. „Wir als Trauerbegleiterinnen hören zu und erklären auch Dinge. Über den Tod zu reden – auch mit Menschen, die Ähnliches durchleben – ist das, was ihn normal macht. “ Und für die Betroffenen sei es entlastend, sich wieder normal fühlen zu dürfen.

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Trauerbewältigung, die sehr individuell ist, heißt auch, wieder zurück ins Leben zu finden. „Wir schauen, welche Ressourcen jeder einzelne hat, was ihm hilft, sich selbst zu stabilisieren. Das kann ein Spaziergang in der Natur sein, das Haustier oder auch Musik“, sagt Lücking-Löw.

Abschied nehmen hat nicht nur etwas mit dem Tod zu tun, „sondern man erlebt Abschiede ein Leben lang“, sagt Karen Lücking-Löw. Wir nehmen Abschied von der Kindheit, von der Schule, von Freunden, von einer Arbeitsstelle oder von einem Wohnort. Da gilt es zu schauen, wie gehe ich mit belasteten Situationen um, welche Resilienzen habe ich.“

Die nächste Trauergruppe des Hospizes startet am Montag, 25. Oktober. Sie findet jeweils von 17 bis 19 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus Höfingen statt (Ulmenstraße 3) und erstreckt sich über acht Abende. Eine Anmeldung ist bis zum 23. Oktober per E-Mail an karen.luecking-loew@hospiz-leonberg.de möglich.