Gerade die Gästehäuser in und um Leonberg leben von den Geschäftskunden. Doch die bleiben weitgehend weg.

Leonberg/Renningen - Dass Hotels nicht nur in Sachen Komfort, sondern auch bei der Digitalausstattung auf der Höhe sind, ist nichts Besonderes mehr. Und genau darin sehen viele Hoteliers eine Chance, in der großen Krise wenigstens einige Gäste zu bekommen. Denn das klassische Publikum ist weg. Zwangsweise.

 

„Wir hatten vor Ostern noch drei Gäste“, berichtet Nadja Eiss. Auswärtige Arbeiter, die bei der Sanierung im Leobad aktiv sind. Auch in normalen Zeiten beherbergt die Chefin des Eltinger Hotels Hirsch vornehmlich Gäste, die aus beruflichen Gründe in Leonberg sind. Von Monteuren bis Managern: Dank großer Betriebe wie Bosch, Geze und Lewa oder diverser Bauprojekte haben viele Menschen tage- oder wochenweise in der Stadt zu tun.

Oder besser gesagt: hatten. Denn die Geschäftskunden bleiben für die Familie Eiss, die ihr Hotel in der Hindenburgstraße seit 113 Jahren betreibt, fast komplett weg. Und die privaten Gäste, Touristen, die Leonberg als Ausgangspunkt für Ausflüge nach Stuttgart oder in den Schwarzwald wählen, die dürfen gar nicht mehr kommen. Übernachtungen sind nur noch aus dienstlichen Gründen erlaubt.

Es wird dauern, bis der Betrieb wieder läuft

Den Kollegen in anderen Häusern geht es nicht anders. Auch das Amber-Hotel am Stadtpark lebt in erster Linie von den Geschäftskunden. Neben den starken Betrieben profitieren die hiesigen Hotels zudem von der Nähe zum Stuttgarter Flughafen und der Messe. Gäste, denen die dortigen Unterkünfte zu teuer sind, quartieren sich gerne in der Region Leonberg ein. Über die A 8 ist selbst das Hotel Hirsch in Heimsheim schnell erreicht.

Doch die Messe liegt brach, der Flughafen hat geschlossen, da bleibt nichts mehr. „Wir haben normalerweise um die 140 Gäste, jetzt sind es noch zehn“, sagt Heiko Bader, der Chef des Amber-Hotels. Dass es in absehbarer Zeit besser wird, glaubt er nicht. „Selbst wenn die Beschränkungen im Mai gelockert werden sollten: Bis der Geschäftsbetrieb in den für uns relevanten Branchen dann wieder so richtig angelaufen ist, das wird dauern“, befürchtet der Hotel-Leiter, der wie seine 35 Mitarbeiter in Kurzarbeit ist.

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Nicht nur die fehlenden Übernachtungsgäste machen den Hoteliers zu schaffen. Auch der gastronomische Bereich ist für die meisten eine wichtige Einnahmequelle. Das Hotel Campo in Renningen etwa empfiehlt sich als Ort zum feiern und genießen mit Platz für bis zu 120 Gästen. Die kulinarische Versorgung von Tagungsteilnehmern ist zudem ein großes wirtschaftliches Standbein.

Doch im Renninger Hotel gilt das, was in allen Gästehäusern gilt: Die Restaurants sind geschlossen, nicht einmal ein Frühstücksbüffet darf angeboten werden. Die wenigen verbliebenen Gäste bekommen stattdessen ein Lunchpaket.

Besonders bitter ist das für das Leonberger Hotel Hirsch, das für Familienfeiern besonders beliebt ist. Die zum Hotel gehörige Weinstube Alt-Eltingen ist zudem ein Anziehungspunkt für Freunde gehobener regionaler Küche. „Unsere Küche steht still“, berichten Nadja Eiss und ihr Geschäftsleiter Rainer M, der quasi zur Familie gehört. „Unsere 30 zum Teil langjährigen Mitarbeiter sind in Kurzarbeit.“

Erschwerend hinzu kommt, dass die Familie erst vor vier Jahren im Millionenbereich in ein neues Gästehaus mit 25 modernen Zimmern investiert hat. Ein marktgerechtes Projekt, der Bedarf ist da. Nur eben in Corona-Zeiten nicht.

Hotel Campo setzt auf Home-Office-Angebot

Im Renninger Campo-Hotel setzen der Geschäftsführer Hans-Dieter Spieß und seine Mitarbeiterin Sidona Karagöz auf eine Marktnische, die in Zeiten der virtuellen Kommunikation für viele Hotellerie-Betriebe zu einer echten Chance werden könnte: Home-Office in ruhigen und technisch gut ausgestatteten Hotelzimmern.

Die Idee ist simpel wie naheliegend: Von sehr vielen Menschen wird erwartet, zuhause zu arbeiten. Doch viele haben gar nicht die passenden Möglichkeiten dazu. Insbesondere wenn die eigenen Kinder durch die geschlossenen Schulen und Kitas ebenfalls daheim sind.

„Bei uns in den Zimmern lässt es sich sehr gut arbeiten“, sagt Sidona Karagöz vom Hotel Campo. „Diesen Vorzug möchten wir nun offensiv bewerben.“

Auch die Verantwortlichen in den anderen Gästebetrieben können sich vorstellen, stärker auf diese Karte zu setzen. „Die Voraussetzungen sind bei uns vorhanden“, sagt Heiko Bader vom Amber-Hotel. „Das könnte eine Chance sein.“

Und auch für Nadja Eiss vom Leonberger Hotel Hirsch könnte sich herausstellen, dass die Investition in das moderne Gästehaus womöglich auch für Krisenzeiten geeignet ist. Ein vorläufiger Bürobetrieb läge in den neuen Räumen nahe. Doch eine echte Entspannung, das wissen alle, kommt nur im Normalzustand.