Der Streit zwischen den Landkreisen Calw und Böblingen ist ausgeräumt. Ende 2022 soll die Bahn nach Calw fahren.

Stuttgart - Mit spürbarer Erleichterung hat Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) seine Unterschrift unter das sogenannte „Eckpunktepapier“ gesetzt. „Damit ist der Weg frei für die Reaktivierung der Strecke von Weil der Stadt nach Calw“, sagt er und betont, dass ein „langer Prozess“ erfolgreich zu Ende geht.

 

Das war mal anders geplant gewesen. Als das Land 2015 seine Förderung für das Calwer Schienenprojekt zugesagt hatte, war man von einer Inbetriebnahme Ende 2018 ausgegangen. Das gelang nicht, weil sich der Kreis Calw mit dem Naturschutzbund Nabu und mit den beiden Anrainerstädten im Kreis Böblingen, Weil der Stadt und Renningen, zerstritten hatte.

Feierliche Unterzeichnung

Vorbei und vergessen. Schon Mitte November hatten sich die Landräte von Calw und Böblingen mit dem Verkehrsminister getroffen und sich auf das Papier geeinigt, das sie am Montagmorgen nun feierlich unterzeichnet haben. Winfried Hermann vergaß bei der Pressekonferenz auch nicht, darauf hinzuweisen, wem es seiner Ansicht nach zu verdanken ist, dass das Bahnprojekt endlich startet. „Weil wir so professionell moderiert haben, konnten wir auch bei schwierigen Problemen Lösungen finden“, sagte er.

Der Nabu hatte gegen die Hesse-Bahn geklagt, weil er Sorge um die Fledermäuse in den alten Bahntunneln hatte. Ein Konzept war daraufhin ersonnen worden, das spezielle Trennwände in den Tunneln vorsieht. Und die Städte im Kreis Böblingen waren gegen die Bahn, weil sie Sorge um die S-Bahn hatten. Den eingleisigen Abschnitt zwischen Malmsheim und Renningen teilen sich nämlich beide Bahnen.

Teil des Eckpunktepapiers ist die verbriefte Vorfahrt für die S-Bahn und die schnellere Express-S-Bahn, die in zwei Jahren Zuffenhausen mit Weil der Stadt verbinden soll. „Der Zwist und Streit lag an unterschiedlichen Interessen“, gab der Böblinger Landrat Roland Bernhard zu. Es sei ein legitimes Anliegen gewesen, auf die Interessen der S-Bahn hinzuweisen. „Unserer Kernforderung ist nun Rechnung getragen, dass jede S-Bahn Vorfahrt hat“, sagte Bernhard. Auch Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) sieht es gewährleistet, dass die S 6 und die Express-S-Bahnen „ungestört verkehren können“.

Der Bauherr der Hesse-Bahn, Calws Landrat Helmut Riegger (CDU), wies noch einmal auf die lange Vorgeschichte des Projekts hin. Schon 2011 habe es entsprechende Überlegungen gegeben. „Wenn ich gewusst hätte, was da auf uns zukommt, hätten wir es wahrscheinlich nicht angefangen“, sagte er.

Umbau des Renninger Bahnhofs stößt auf Kritik

Die konkrete Einigung des Eckpunktepapiers ist etwas kompliziert. Morgens und abends fährt die Express-S-Bahn bis Weil der Stadt. Weil dann die Kapazitäten des S-Bahn-Netzes ausgeschöpft sind, muss die von Calw kommende Hesse-Bahn in Weil der Stadt enden. In den Nebenbetriebszeiten kann sie weiter bis Renningen fahren. Weil dennoch für diese wenigen Verbindungen der Bahnhof Renningen für 2,5 Millionen Euro umgebaut werden muss, war die Einigung teilweise auf Kritik gestoßen. Auf Nachfrage weist eine Sprecherin des Verkehrsministeriums den Vorwurf der Steuerverschwendung zurück. „Andernfalls wäre dieses ökologische Projekt für den Landkreis Calw nicht finanzierbar“, sagte sie. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit sei bislang nur mit der Verbindung bis Renningen gelungen.