Herbert Achternbusch hat Filme gemacht wie kein anderer hierzulande: verschrobene, spöttische, manchmal skandalöse. Im Alter von 83 Jahren ist er nun gestorben.

Stuttgart - Hollywoods Spitzname Traumfabrik sagt es ja schon: Film – mit seinen hohen Kosten, seinen vielen Beteiligten, seinem Zwang, einen größeren Markt zu finden – kann man als Industrieprodukt sehen. Diejenigen, die sich Autorenfilmer nennen, beharren aber darauf, dass er ganz anderes sein könne, ein ganz persönlicher, kompromissloser, einem einzelnen kreativen Kopf entstammend, weder von Marktforschung noch von Finanzierungswünschen verwässert. In Deutschland hat keiner radikaler dieses Ideal gelebt als Herbert Achternbusch.

 

Der 1938 in München Geborene war auf eine wunderbare Weise verschroben, eigensinnig und widerspruchsbereit, die nie an Kraftmeierei, Egomanenprotz oder Oppositionskoketterie denken ließ. Achternbusch blickte kritisch auf die Welt, aber auch erstaunt, er zeigte ihre Bosheit, und dann bot er sich ihr im Kino schutzlos an. Man war nie sicher, wann er sich über alle anderen lustig machte, wann über sich selbst, und wann er mit einer Mischung aus beseeltem Dorfnarrentum und postideologischem Utopieentwurf seine Fragen und Thesen ganz ernst meinte.

Als Christus in Bayern unterwegs

In „Bierkampf“ von 1976 zeigt Achternbusch die hässlichen Seiten des Oktoberfests und fragt nach dem Wesen der Gemütlichkeit. In „Das letzte Loch“ greift er 1981 die Idee der Vergangenheitsbewältigung an, mit einer Figur, die sich die Erinnerung an den Holocaust wegsaufen will, und in „Das Gespenst“ von 1982 spielte er einen Christus, der vom Kreuz in der Kirche steigt und sich Bayern anschaut. Es gab einen enormen Skandal, Kirchgänger, Kinowirtschaft und Filmförderer wüteten, und Achternbusch wurde noch mehr er selbst.

Er war als Autor ein beachtenswerter Sonderling. Aber sehr individuelle Bücher sind doch häufiger zu finden als so eigenartige Filme wie seine. Auf den ersten Blick sind mache Szenen fast kunstlos, dilettantisch, auf den zweiten Blick ist ein Achternbusch-Film dann wie ein baumhohes Kunstwerk, aus gefundenen Stöckchen im Wald ohne Leim und Schnur zusammengesetzt, lässig das Gesetz der Schwerkraft umgehend. Anfang der Woche ist Herbert Achternbusch 83-jährig gestorben, und damit ist nun nicht bloß einer weniger. Damit ist für uns alle die Tür in eine andere Welt zugegangen.