Der Waldenserführer und Pfarrer Henri Arnaud ist vor 300 Jahren in seiner neuen Heimat verstorben. Er war ein unerschrockener Kämpfer für seinen Glauben.

Perouse - Glaube und Widerstand“ ist das Motto des Gedenkjahres. Die Deutsche Waldenservereinigung und die Evangelische Landeskirche erinnern in diesem Jahr an einen Mann, der zeitlebens für seinen Glauben eingetreten ist und gekämpft hat – der Waldenserführer Henri Arnaud (geboren 1643) ist am 8. September 1721 – also vor genau 300 Jahren – gestorben. Henri Arnauds Eltern waren Hugenotten, die wegen der Verfolgungen Frankreich verließen und sich im Val Pellice im Piemont niederließen. Der Vater war französischer Protestant, die Mutter wuchs in den Waldensertälern auf. Nach dem Schulbesuch in Torre Pellice und dem Theologiestudium in Basel, Genf und Leiden wurde Henri Arnaud 1670 Pfarrer in Mancil (Piemont), später in La Tour (Dauphiné).

 

Kampf und Flucht

Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes floh er mit seiner Gemeinde in die Waldensertäler in Piemont. Das Edikt von Nantes von 1598 gewährte den calvinistischen Protestanten (Hugenotten) im katholischen Frankreich religiöse Toleranz und volle Bürgerrechte, fixierte andererseits aber den Katholizismus als Staatsreligion.

Arnaud wurde Pfarrer der Waldenserkirche und arbeitete ab 1682 in Inverso Pinasca im Val Chisone. 1685 wurde die reformierte Religion im Perosatal verboten. Dragoner machten der Gemeinde Pinache, wo Arnaud lebte, gewaltsam ein Ende. Der Pfarrer brachte seine Familie in Sicherheit und flüchtete 1686 in die Schweiz. Als Herzog Viktor Amadeus II. von Savoyen auf Druck des französischen „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. im April 1686 den Waldensern den Befehl zur Auswanderung erteilte, leistete Arnaud mit seiner Gemeinde zunächst Widerstand. Als dieser niedergeschlagen wurde, konnte er über Genf nach Deutschland fliehen, wo er versuchte, die weiteren Flüchtlinge aus seiner Heimat wieder zu sammeln.

Inspiriert durch Pierre Jurieus Ankündigung des Untergangs des (katholischen) „Antichristen“ für 1689 und politisch unterstützt durch Wilhelm III von England, der als Wilhelm von Oranien in die Geschichte einging, führte er ab August 1689 eine Expedition von etwa 1000 expatriierten Waldensern vom Genfersee aus in die Waldensertäler zurück, die sie in einem monatelangen Guerillakampf halten konnten. Die Truppe hielt sich tapfer auf der Balsille, wo ein französisches Heer geschlagen wurde.

Auch zwangsweise katholisierte Einheimische wandten sich häufig wieder dem Protestantismus zu. Dieses Ereignis hat im waldensischen Geschichtsbewusstsein als „glorieuse rentrée“ beziehungsweise „Glorioso Rimpatrio“ (Die glorreiche Rückkehr) eine große Bedeutung, obwohl der Erfolg letztlich nur einem Bündniswechsel Savoyens zu verdanken war. Die Ereignisse dokumentiert Arnauds Schrift „La glorieuse rentrée“ .

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Nachdem die militärisch vorzüglich geschulten Waldenser von dem von Frankreich abgefallenen Herzog plötzlich in Gnaden angenommen und als Soldaten gegen Ludwig XIV. verwandt wurden, wurden sie im Frieden von Ryswick wieder preisgegeben. In Jahr 1698 erließ der Herzog von Piemont ein Edikt, wonach die „Reformierten“ binnen zweier Monate das Land zu verlassen hatten. Die in Frankreich Geborenen wurden zur Auswanderung genötigt. Etwa 3000 Waldenser wurden dabei vertrieben. Sie führte Henri Arnaud noch im gleichen Jahr in die Schweiz.

Als sehr geschickter Vermittler erreichte er, begünstigt von Wilhelm III. (der ihn zum Colonel mit Jahresrente ernannte) und Holland, die Aufnahme in Württemberg, Baden-Durlach und Hessen-Darmstadt. Hier konnte er die Ansiedlung in eigenen, lange Zeit noch sprachlich und konfessionell eigenständigen Siedlungen aushandeln. Ortsnamen wie Perouse, Pinache, Corres, Sengach, Groß- und Kleinvillars erinnern daran. Familiennamen wie Cordier, Gille, Roux, Granget, Conle, Common, Vallon, Jourdan, Jouvenal, Piston, Richardon, Servay, Talmon, Conte, Baral, Gay, Orcellet oder Salen weisen auf die Herkunft aus Savoyen hin.

In der neuen Heimat aktiv

Arnaud war von 1699 bis zu seinem Tod als Pfarrer in den Waldensersiedlungen Dürrmenz (heute Ortsteil von Mühlacker) und Schönenberg (heute Ortsteil von Ötisheim) tätig. Als der Herzog von Savoyen 1701 die Waldenser gegen Frankreich zu Hilfe rief, kehrte er 1704 in die Täler zurück und war dort 1705/06 Pfarrer. 1710 veröffentlichte Arnaud die Darstellung des „Glorioso Rimpatrio“ (Histoire de la glorieuse rentrée des Vaudois dans leur patrie). Der Pfarrer und Waldenserführer ist am 8. September 1721 in Schönenberg gestorben. Er wurde an der Stelle der heutigen Henri-Arnaud-Kirche (erbaut 1883) beigesetzt, wo ein Grabstein davon zeugt.