Silke Heckmann verlässt die Hemminger Kirchengemeinde. Die 57-Jährige zieht es als Co-Dekanin in den Landkreis Heilbronn.

Hemmingen - Silke Heckmann wagt den Aufbruch. Und sitzt nun jeden Tag ein bisschen mehr auf gepackten Koffern. Es bleiben ihr noch wenige Wochen, bis sie sich aufmacht von Hemmingen nach Neuenstadt am Kocher im Kreis Heilbronn. Dort ist die 57-Jährige von März an Co-Dekanin im evangelischen Kirchenbezirk Weinsberg-Neuenstadt – die Stellvertreterin des Weinsberger Dekans – und Pfarrerin in der Kirchengemeinde Neuenstadt.

 

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Sie hat noch zehn Jahre bis zum Ruhestand, da hält sie es jetzt für den richtigen Zeitpunkt für etwas Neues, einen Wechsel. Silke Heckmann predigte seit 2015 in der Laurentiuskirche. Auch war sie Diakoniepfarrerin im Kirchenbezirk Vaihingen-Ditzingen und Dekanstellvertreterin. Dieses Amt übernimmt der Gerlinger Pfarrer Martin Weeber.

Kurz nach der Fusion kam Corona

Auch an ihrem neuen Wirkungsort wird Silke Heckmann alle Hände voll zu tun haben. Sie hat die üblichen Aufgaben einer Pfarrerin, aber auch die Verantwortung für Pfarrerinnen und Pfarrer – „Kürzungen kommen“ – und ist für Prädikanten zuständig – die Gruppe der Laienprediger als Vertretung werde immer wichtiger. Außerdem will sie die ehemaligen Kirchenbezirke Weinsberg und Neuenstadt weiter zusammenführen, die 2020 fusionierten. „Es soll eine Einheit entstehen.“ Kurz nach der Fusion kam Corona.

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Die Pandemie trägt dazu bei, dass die Zahl der Kirchgänger weiter sinkt, auch in Hemmingen. Es lasse sich noch nicht abschätzen, was Corona angerichtet hat, sagt Silke Heckmann, die Corona in der Kirche als Katalysator für Veränderungen sieht. In Hemmingen sei zum Beispiel mit einer Krabbelgruppe Neues entstanden. Die Theologin ist sich des generellen Bedeutungsverlusts der Kirche wohl bewusst. Sie wolle aber nicht jammern, sondern bejahen. „Kirche ändert sich. Sie hat sich bisher immer gewandelt, aber sie wird weiter bestehen.“ Man könne wohl mit Zuversicht und Hoffnung in die Zukunft blicken – die in Gottes Hand liege.

Heckmann: Dinge sagen, die quer zur Gesellschaft liegen

Gleichwohl: Von nichts kommt nichts. „Wir müssen schauen, wo wir unseren neuen Platz finden und wo wir mit Selbstbewusstsein einbringen, was wir haben“, sagt Heckmann. „Wir müssen mutig sein, Neues probieren, Räume öffnen und schaffen.“ Es sei nötig, sich mit anderen Akteuren im Ort zu vernetzen, Sachen gemeinsam anzugehen, das Profil der Kirche einzubringen. Dazu gehöre, „Dinge zu sagen, die quer zur Gesellschaft liegen“. Etwa zum Thema Sterbehilfe.

Im Strohgäu hat Silke Heckmann einiges erlebt. Sie hat zum Beispiel die Renovierung der Kirche und die Reinigung der Orgel begleitet, spirituelle Kirchenführungen angeboten, und im Gewölbekeller der Kirche erzählte man sich Geschichten am Kamin – nicht nur aus christlichen Büchern. „Als Pfarrer macht man nicht viel allein“, sagt Silke Heckmann und lacht. Gleichwohl habe sie in ihrem Job viele Gestaltungsmöglichkeiten, viel Freiheit und Flexibilität. „Es ist der schönste Beruf. Ich habe mit Leuten in jeder Lebenssituation zu tun. Aber: Man muss bereit sein, mit der Gemeinde zu leben.“

„Weites Herz für Menschen am Rand“

An der in Hemmingen schätzt sie den sehr herzlichen Umgang und die Offenheit, berichtet Silke Heckmann. „Die Leute sind tatkräftig. Jeder packt mit an, das ist schon besonders.“ Sie würden engagiert ihren Glauben leben, und der diakonische Gedanke sei verbreitet. Hemmingen habe ein weites Herz für Hilfebedürftige, für Menschen, die am Rand stehen.

Silke Heckmann findet es wichtig, Leben und Glauben miteinander zu verbinden. Der Pfarrberuf eigne sich da super. Zum Studium der Theologie kam die zweifache Mutter über den Religionsunterricht in der Schule und die Jugendarbeit in der Freizeit. Wichtig sei ihr auch immer, im Gottesdienst den Bibeltext ins Zentrum zu stellen. Das Ziel der Predigt sei die Erbauung der Gemeinde, nicht die Unterhaltung. Und sie versuche stets, die Gemeinde als Ganzes im Blick zu haben: Sitzen zum Beispiel Konfirmanden in der Kirche, zeige sie aus deren Lebenswelt etwas auf oder aus dem Konfirmandenunterricht. Ob ihre Versuche bisher gelungen seien? Silke Heckmann lacht. „Keine Ahnung.“