Auf Antrag der Bürger für Heimsheim wird die Stadt zur pestizidfreien Kommune.

Heimsheim - Heimsheim ist schon fair, jetzt will die Stadt auch pestizidfrei werden. Auf einen Antrag der Bürger für Heimsheim mit Unterstützung der SPD-Fraktion wurde im Gemeinderat ein einstimmiger Beschluss gefasst, dass die Schleglerstadt eine pestizidfreie Kommune werden soll. Die Vorgabe bezieht sich auf Flächen, die der Kommune gehören. Trotz der großen Einigkeit aller Gemeinderatsmitglieder entspann sich um den Antrag eine intensive Diskussion. Auf Anregen der CDU wird der Punkt, in dem es um die verpachteten Flächen geht, noch einmal zurückgestellt, bis sich ein runder Tisch mit den betroffenen Landwirten gebildet hat.

 

„In Städten und Gemeinden werden Pestizide eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätzen, Grünanlagen oder Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern und Gräsern zu halten oder um gegen ungeliebte Insekten vorzugehen“, heißt es in der Begründung der BfH. Diese Pestizide seien nicht nur für Menschen problematisch und stehen vielfach in Verdacht, Krebs zu erregen. „Für viele Tier- und Pflanzenarten im städtischen Raum sind Pestizide ein Verhängnis.“ Vor allem würden dadurch auch Insekten wie Bienen und Schmetterlinge den Tod finden.

Jährlich 40 000 Tonnen Pestizide in Deutschland

Für einen großen Teil unserer Nahrungsmittel brauche man Insekten, „das machen sich viele nicht klar“, erklärte Martin Häcker (BfH). Auch dass in Deutschland jährlich 40 000 Tonnen Pestizide zum Einsatz kommen. Ein Blick auf Heimsheim zeige: Selbst hier sei der Bestand der Feldlerche um 60 Prozent zurückgegangen, „das hat mich erschreckt“. Wiesen würden zum Teil in der Hauptblüte gemäht, Blühstreifen an Äckern sehe er kaum noch. Er vermisse an übergeordneter Stelle eine angemessene Debatte über dieses wichtige Thema. „Deshalb müssen wir auf kommunaler Ebene aktiv werden“, forderte er. Deutschlandweit gebe es mittlerweile 160 glyphosat- und pestizidfreie Gemeinden, heißt es in dem Antrag der BfH, darunter Pforzheim, Karlsruhe und Stuttgart.

Mit dem Beschluss verpflichtet sich die Stadt Heimsheim, ab sofort auf allen kommunalen und nicht verpachteten Flächen keine chemisch-synthetischen Pestizide, also Pflanzenschutzmittel, einzusetzen. Das gilt ebenso, wenn die Stadt private Dienstleistungsunternehmen beauftragt, die sich um öffentliche Flächen kümmern sollen. Die Stadt muss außerdem bienen- und insektenfreundliche Blühflächen oder Projekte initiieren und die Bürger über die Bedeutung von Biodiversität in der Stadt informieren.

Strittig war ein Punkt des Antrags, der sich auf verpachtete Flächen bezog. Demnach sollten bestehende Pachtverträge entsprechend der neuen Vorgabe angepasst werden. Dass dies über die Köpfe der betroffenen Landwirte hinweg entschieden werden solle, gefiel Ralf Rüth von der CDU überhaupt nicht. „Die Landwirte gehören mit ins Boot geholt.“ In den vergangenen Tagen gab es „fast keinen Landwirt, der nicht bei mir angerufen hat“, berichtete er. Diese fänden die Überlegungen gut, hätten aber auch eigene Vorschläge und Anregungen eingebracht, die man in jedem Fall anhören sollte, bevor eine Entscheidung von oben herab getroffen werde.

Nur gemeinsam mit den Landwirten

„Wir sind nicht dagegen, wir wollen es nur gemeinsam mit den Landwirten machen“, so Rüth. Wenn sich anschließend keine Lösung finden lasse, könne der Rat immer noch eine alleinige Entscheidung treffen. Mit Zustimmung des Gremiums wird sich nun möglichst bald ein runder Tisch mit Vertretern der Landwirte, des Gemeinderats und der Verwaltung bilden.

Martin Häcker zeigte sich über die weitere Verzögerung nicht sehr erfreut. Dass die Umstellung ohnehin im Dialog mit den Landwirten vonstatten gegangen wäre, sei in seinen Augen klar. Und als es um das neue Gewerbegebiet Egelsee II ging, hätte das Gremium auch fraglos entschieden, dass die Äcker dort trotz der hohen Bodenqualität zugebaut werden, „da wurde auch niemand gefragt“.

Die Stadt Heimsheim hat etwa zehn Hektar landwirtschaftliche Flächen verpachtet, berichtet der Bürgermeister Jürgen Troll. Davon sind etwa jeweils die Hälfte Wiesen und Äcker. Die Wiesen gelten bereits als pestizidfrei. Auch auf den innerstädtischen Grünflächen werden keine Pestizide mehr eingesetzt.