In der Siedlung „Berg“ Richtung Hausen ist über Jahrzehnte ein Wildwuchs an Schwarzbauten entstanden. Öffentliche Wege wurden zugebaut, aus Gartenlauben wurden richtige kleine Anwesen. Nun aber ist ein Eigentümer zu weit gegangen, es droht der Abriss.

Heimsheim - Manchmal hilft Kommissar Zufall. In Heimsheim war es die gesplittete Abwassergebühr. Um diese festzulegen, hat die Kommune – wie alle anderen im Land auch – Luftbilder von allen Grundstücken gemacht. Und dabei festgestellt, dass in der Siedlung „Berg“ Richtung Hausen über Jahrzehnte ein Wildwuchs an Schwarzbauten entstanden ist. Öffentliche Wege wurden zugebaut, aus Gartenlauben wurden richtige kleine Anwesen. Nun aber ist ein Eigentümer zu weit gegangen: Er hat ein Wohnhaus mit 150 Quadratmetern Fläche fast fertig errichtet, und will nachträglich eine Genehmigung. Ihm droht jetzt eine Verfügung, wonach er womöglich gar abreißen muss.

 

Aber ganz von vorne. Die Berg-Siedlung ist idyllisch an der Straße nach Hausen gelegen, ein Feldweg führt von einem Trafohäuschen die Anhöhe hoch. Die Gegend ist beliebt bei Spaziergängern. Auch Gaby Wulff besitzt dort ein größeres Gartenstück mit einer Gartenlaube – im zulässigen Rahmen. Sie berichtet davon, dass ein regelrechtes Wettbauen stattgefunden hat. „Manche haben auf städtischen Grundstücken Gartentore hingestellt“, sagt sie.

So gibt es nur noch zwei öffentliche Wege durch das Gebiet, ein dritter wurde komplett zugebaut. Einer der Eigentümer soll sogar vollständig in seinem Häuschen gewohnt haben – was nicht zulässig ist. Zwar gibt es Strom, aber keine Wasserleitungen. Das Gebiet wurde vor Jahrzehnten explizit mit klaren Regeln so ausgewiesen, dass Schrebergärten mit kleinen Hütten dort gebaut werden dürfen, nicht mehr. „Wir haben uns immer daran gehalten“, betont Gaby Wulff, die im Gemeinderat Fraktionschefin der „Bürger für Heimsheim“ ist.

Die Bauarbeiten sind gestoppt

Eigentlich ist das Landratsamt Enzkreis zuständig für die Kontrolle, weil Heimsheim kein eigenes Bauordnungsamt hat. „Wir haben den Stopp der Bauarbeiten angeordnet“, erklärt Irmela Bischoff, die für Heimsheim zuständige Sachbearbeiterin im Landratsamt. Die Pläne würden erheblich vom Bebauungsplan abweichen.

Das sieht man auch im Heimsheimer Rathaus so. „Es handelt sich um ein normales Wohnhaus“, erklärt Paul Moch, der Bauamtsleiter. Die Stadt könne dem nicht zustimmen – und verlangt den „Rückbau“, sprich den Abriss des Anwesens.

Ursprünglich war das Gebäude 1964 mit 25 Quadratmetern genehmigt worden, inzwischen gab es mehrere Eigentümerwechsel. Nun soll ein Keller entstehen, ein Schlafraum, eine Terrasse, ein Dachgeschoss, und ein Kniestock – alles nicht zulässig, aber weitgehend fertiggebaut.

Nachträglich will der Eigentümer sich nun sein neues Berg-Domizil genehmigen lassen. Doch dazu ist man auch im Gemeinderat nicht bereit. Schon 2011 hat er bei einem Ortstermin das Gebiet besichtigt, und war ziemlich erstaunt, was sich in dem verwachsenen, schwer einsehbaren Gebiet entwickelt hat. „Das ist Wildwest-Methode“, kritisiert etwa Martin Häcker (Bürger für Heimsheim). Es sei eigentlich Konsens, dass so etwas nicht mehr passieren soll. „Das ist kein Einzelfall, da werden Schwarzbauten errichtet und wir sollen es legalisieren“, schimpft er.

Wulff: Sodom und Gomorrha

Gaby Wulff spricht gar von „Sodom und Gomorrha“ in dem Gebiet. Ein Tor auf einem städtischen Grundstück hätte längst zurückgebaut werden müssen, auch das sei nicht passiert. „Wir sollten Rückgrat zeigen gegenüber allen, die sich nicht an die Regeln halten“, forderte Gaby Wulff. Auch der Bürgermeister Jürgen Troll hält die Sache für „beschlussreif“, die Verwaltung lehne eine nachträgliche Genehmigung ab.

Allerdings meldeten in der vergangenen Ratssitzung CDU und FWV mal einen Ortstermin an – damit sich auch die neu gewählten Bürgervertreter ein Bild machen können. „Das sollte sich der gesamte Gemeinderat anschauen“, sagt etwa der Vize-Bürgermeister Walter Müller (FWV). Der CDU-Rat Ralf Rüth fordert zudem bessere Sitzungsunterlagen zu dem Baugesuch. So wurde das Thema erst mal vertagt.

Ob auch gegen weitere Gebäude vorgegangen wird, die ohne Genehmigung ausgebaut wurden, ist noch offen. „Wir werden schon prüfen, ob es weitere gravierende Verstöße gibt“, sagt Irmela Bischoff vom Landratsamt. Dann wird sich allerdings auch die Frage stellen, ob durch jahrzehntelange Duldung der Bauten eine Art Gewohnheitsrecht entstanden ist.