Die Heckengäulinse wird als regionales Produkt immer beliebter. Ihr besonderer Vorteil ist, dass sie ohne den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln gedeiht.

Renningen - „Wenn man eine Pflanze heilig-sprechen könnte, wäre die Heckengäulinse wohl ganz vorne mit dabei“, sagt der Renninger Landwirt Andreas Kindler mit einem Schmunzeln. Heiligsprechen kann er die Pflanze zwar nicht, wohl aber die Saat segnen lassen, wie es früher gang und gäbe war. Das hat der Renninger Pfarrer Franz Pitzal zum wiederholten Mal gerne getan: „Ich glaube, die Linse ist die erste Speise, die in der Bibel erwähnt wird“, sinniert der Pfarrer. Er lacht schelmisch, wie er es so gut kann, und meint: „Unser Kreis ist nicht unbedingt für seine Landwirtschaft bekannt. Deshalb ist es wichtig, dass wir zeigen, dass es bei uns nicht nur Autos und Motoren gibt.“

 

Das findet auch der stellvertretende Landrat Martin Wuttke, dessen Amt mit der Regionalmarke „Heimat – nichts schmeckt näher“ das Bewusstsein der Menschen für die Landwirtschaft und die Produkte aus der heimischen Region schärfen will. Die Marke, die bislang von der Böblinger Kreisverwaltung getragen wurde, ist Anfang des Jahres in einen eigens dafür gegründeten Verein übergegangen.

„Heimische Produkte liegen im Trend“, weiß der erste Vorstand des neuen Vereins, Wilhelm Kohlberg. Er ist auch Geschäftsführer des Integrationsunternehmens Femos, das Kooperationspartner des Vereins ist. Die Idee, die Heckengäulinsen schon fertig gekocht in Dosen zum Aufwärmen anzubieten, findet er großartig, und mit der Metzgerei Blum ist dafür auch ein engagierter regionaler Partner gefunden worden: „Wir haben zig Varianten ausprobiert“, erzählt Ilse Blum und lacht, „aber das Beste war immer noch das Rezept der Großmutter: Linsen, Karotten und Sellerie und ein bissle Fleischbrühe, sonst nichts.“

Vorteil für Insekten und Artenvielfalt

Inzwischen hat Pfarrer Pitzal die Saat gesegnet. Martin Wuttke, Andreas Kindler und Pfarrer Pitzal hängen sich die blechernen Saatwannen um und schwingen beim Laufen über den Acker die Hände mit dem Saatgut im Gleichklang nach rechts und links. Gekonnt sieht es aus, wie sie die Saat ausbringen, doch nach zwei Furchen reicht es. Der Rest wird später eingesät. Dass die Heckengäulinse immer beliebter und von immer mehr Landwirten angebaut wird, hat neben der Genügsamkeit und dem guten Geschmack noch einen Grund. „Sie kommt ohne den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln aus“, erklärt Wuttke, „und das kommt auch den Insekten und der Artenvielfalt zugute.“ Genau wie der üppige Blühstreifen, der neben dem Feld angelegt wird.

Kindler ergänzt: „Ein Linsenacker sieht aus, als ob er ein ungepflegtes Stück Land voller Unkraut wäre“, denn es würden vielerlei Ackerwildkräuter nebeneinander gedeihen. Gezielt angebaut wird auf dem Linsenfeld allerdings nur noch Leindotter, der als Stützfrucht für die Linse dient und aus dem später wertvolles Speiseöl gewonnen wird.

Das Produkt hält in die heimischen Läden Einzug

Die Produkte unter dem Dach der Regionalmarke erobern langsam die Regale der heimischen Läden. Auch die Renninger Sesslermühle führt heimische Produkte, für die heimische Linse war Martin Sessler ein Mann der ersten Stunde: „Mit der ersten Ernte wurde ich gefragt, ob ich die Heckengäulinsen ins Sortiment nehmen würde“, erzählt er, „und ich dachte, klar, das probieren wir.“ Also kam der Kindler-Bauer eines Abends mit einem riesigen Sack voll Linsen in die Mühle, „unausgelesen“, lacht Sessler. Also haben sie sich an die Arbeit gemacht. In Rekordzeit haben die beiden die Linsen verkaufsfertig verpackt und einen Hit gelandet, schon nach kurzer Zeit waren die Linsen ausverkauft.

„Es ist auch immer wieder faszinierend, wie gut Heimat schmeckt und wie wunderbar sich die Produkte kombinieren lassen“, findet auch Christian Kaiser, Geschäftsführer der Lembergerland-Kellerei in Vaihingen. Zur abschließenden Verkostung des neuen Linsengerichts hat er Wein und Traubensaft mitgebracht und beweist damit das kulinarische gelungene Zusammenspiel der regionalen Lebensmittel.

Diese gibt es inzwischen vielerorts zu kaufen, und damit sind die Region und ihre Verbraucher in puncto Nachhaltigkeit und Naturschutz auf einem guten Weg.