Alternativ sollen die Kommunen den Hebammen Räume zur Verfügung stellen oder die Mieten mitfinanzieren. „Wir wollen auch in finanziell schwierigen Zeiten ein Zeichen setzen“, sagt Landrat Dietmar Allgaier. „Mir ist das Thema schon lange wichtig. Der Hebammen-Mangel ist offensichtlich.“
Die Zuschüsse
Laut Beschluss müssen der Kreis und die jeweilige Kommune hälftig für die Unterstützung der Hebammen-Konzepte aufkommen. Es liegt also im Ermessen der Kommune, ob sie ihre 50 Prozent beisteuert. Das könnte zum Pferdefuß für das Projekt werden: Wegen Corona ist die Finanzlage in vielen Städten und Gemeinden mau. „Wir wollen unseren Part auf jeden Fall erfüllen“, verspricht Allgaier.
Die Situation in Ludwigsburg
Die Stadt Ludwigsburg erklärt, man begrüße die Initiative, „es bedarf aber natürlich einer Beratung im Ausschuss für Bildung, Sport und Soziales“. Die Verwaltung sei aber zuversichtlich: „Eine gute, niedrigschwellige Versorgung mit Hebammen-Angeboten ist eines der lokalen gesundheitspolitische Ziele.“ Die Stadt fördert die Arbeit von Hebammen bereits: Für die Hebammensprechstunde in der Wilhelm-Nagel-Straße stellt die Stadt die Räume. Dort finden an zwei Vormittagen pro Woche Mütter aus dem Kreis mit ihren Kindern Hilfe, die ohne feste Hebamme sind.
Der Beschluss aus Sicht der Hebammen
Die Motivation, einen zentralen Knotenpunkt der Hebammenversorgung für Familien und Paare aus Stadt und Landkreis ins Leben zu rufen, sei groß, berichtet Fabienne Ziller, die in einer Ludwigsburger Hebammenpraxis arbeitet und sich auch in der Notbetreuung engagiert. Alleine könnten die Hebammen den Notstand in der Geburtshilfe und bei der Betreuung aber nicht bewältigen. Dass die Politik sich jetzt einschalte, sei deshalb ein ermutigendes Signal – auch für die nächste Hebammen-Generation, die man so vielleicht im Beruf und im Landkreis halten könne. Dass das auch unter einem anderen Gesichtspunkt relevant ist, zeigt Christel Scheichenbauer auf. „Acht Kolleginnen im Großraum Ludwigsburg, die relativ viel in der Freiberuflichkeit arbeiten, sind 60 Jahre aufwärts. Wenn da niemand rechtzeitig nachrückt, wird das Problem prekär und viel Wissen geht verloren.“
Die Vorreiter
Ein Konzept, wie es dem Kreis vorschwebt, gibt es seit kurzem in Besigheim. Dort ist die Hebamme Katja Bürger eine Kooperation mit der Kinderarztpraxis Dreikäsehoch eingegangen. Als die Praxis jüngst umzog, mietete sie sich ein. Sie betreut Schwangere, die keine Hebamme, und frisch Entbundene, die keine Wochenbettbetreuung gefunden haben. „Ich wollte für Besigheim endlich einen ersten Schritt machen“, erzählt sie. „Die kindliche Entwicklung, die psychische Gesundheit der Mutter, die Rückbildung der Gebärmutter: Wir leisten wichtige medizinische Grundversorgung für Mutter und Kind. Und es ist ein Drama, dass Frauen, die erst in der zehnten Woche sind, schon keine Hebamme mehr finden.“
Sie habe zwei Vormittage pro Woche in der Praxis angedacht, sagt die Hebamme, die auch in einer Teilzeitanstellung im Bietigheimer Kreißsaal arbeitet. Schon nach kurzer Zeit stockte sie auf vier Vormittage auf.
Die Vorteile
Das Besigheimer Modell hat einige Vorteile. „Der Austausch mit den Kinderärzten ist ganz hervorragend“, berichtet Katja Bürger. Inhaltliche Überschneidungen gibt es jede Menge, und die Pädiater können Mütter mit ihren Säuglingen unkompliziert an die Fachfrau nebenan verweisen. Bürger hofft, perspektivisch eine oder mehrere junge Kolleginnen mit ins Boot zu holen: „Dass jede Hebamme für sich arbeitet, ist nicht die Zukunft.“ Der Besigheimer Bürgermeister Steffen Bühler (CDU) freut sich über das innovative Konzept, das er als Beitrag zur Daseinsfürsorge sieht. Er hat der Hebamme einen Einmalbetrag als Investitionszuschuss zugesagt. „Wir wollten noch den Kreistagsbeschluss abwarten“, sagt er. „Uns ist aber wichtig, dass Frau Bürger über die Runden kommt.“
Auch in Oberstenfeld gibt es schon Gespräche zwischen Hebammen und Bürgermeister Markus Kleemann (CDU) über eine Verbesserung der Situation vor Ort.