Trotz Corona kann der Enzkreis 2021 sogar Schulden abbauen. Probleme macht aber das duale Müll-System.

Pforzheim - Mit einem Volumen von rund 280 Millionen – und damit erstmals deutlich über der Viertelmilliarden-Grenze – plant der Enzkreis im kommenden Haushaltsjahr. Der Landrat Bastian Rosenau und der Finanzdezernent Frank Stephan stellten im Kreistag in seiner Sitzung in der Remchinger Kulturhalle den Entwurf für das Zahlenwerk vor. Knackpunkt dabei: Dem Enzkreis fehlen, Stand jetzt, rund sieben Millionen Euro.

 

Zur Deckung dieses Defizits schlagen Rosenau und Stephan eine „vernünftige und bezahlbare“ Erhöhung der Kreisumlage von 26,5 auf 27,7 Hebesatzpunkte vor. Damit würde das Defizit hälftig vom Kreis und den Kommunen getragen, so die Vorstellung der Kreisoberen. Die Kreiskommunen hätten so 81,5 Millionen (statt 2020 noch 78 Millionen) Euro zur Finanzierung des Gesamtetats beizutragen. „Und mit einem Hebesatz in Höhe von 27,7 Prozent können wir noch immer eine günstige Kreisumlage anbieten, die sicherlich wieder zu den Günstigsten im Land zählt“, sagt Stephan. Im Kreis Böblingen will Landrat Roland Bernhard die Umlage auf 29,9 Punkte senken, im Kreis Calw der dortige Kreischef Helmut Riegger die Umlage auf 31,5 Punkte erhöhen.

Keine neuen Investitions-Projekte

Zusätzliche Darlehen sind im Enzkreis nicht nötig. Der Stand der Kredite soll sogar um 70 000 Euro sinken, was Kämmerer Stephan als „Trostpflaster“ bezeichnet – und das trotz steigender Kosten. Um 11,5 Millionen Euro steigen die Transferleistungen im Sozialbereich auf knapp 117 Millionen Euro. Demgegenüber stehen Transfererträge in Höhe von 8,1 Millionen Euro, unterm Strich stellten diese Aufwendungen dennoch „eine enorme Belastung“ für den Haushalt dar, so Finanzdezernent Stephan. Auf relativ unverändertem Niveau bewegten sich die Personalaufwendungen mit 52,5 Millionen Euro. Man habe beim Stellenplan verhindern können, dass der Druck auf die Kreisumlage noch weiter zunehme.

Neue Projekte plant der Enzkreis nicht, deshalb spielen Investitionen im Kreishaushalt mit 5,4 Millionen Euro „keine wesentliche Rolle“, so Stephan. Zwei Straßenausbauten sowie die Erweiterung des hauseigenen Rechenzentrums und Beschaffungen für die integrierte Leitstelle seien relevante Positionen.

Landrat Bastian Rosenau ging in seiner einführenden Rede zunächst auf die corona-geschuldeten Rahmenbedingungen der Kommunalpolitik ein, etwa auf die Situation im „personell massiv aufgestockten“ Gesundheitsamt. Dies sei durch hausinterne Umschichtungen sowie durch Mitarbeiter der Stadt Pforzheim erfolgt. Gleichwohl stoße man momentan an räumliche Grenzen. Die Pandemie erfordere aber auch niederschwellige Hilfeleistungen, um die Chancengerechtigkeit beim Bildungszugang für alle junge Menschen zu garantieren.

Nachhaltige Mobilität und Inklusion blieben auch im kommenden Jahr „ganz oben auf der Agenda“. Für das Inklusionskonzept gelte es, bei den Rahmenbedingungen für den sonderpädagogischen Unterricht „einen großen Schritt“ nach vorne zu machen.

Rosenau will „unsere grüne Tonne“ behalten

Deutliche Worte fand der Landrat zur Zukunft „unserer grünen Tonne“, also den Behälter für Verpackungsmüll und Glas: „Wir bestehen darauf, dass keine gelben Säcke eingeführt und keine Container für Altglas aufgestellt werden.“ Rosenau kündigte für Anfang nächsten Jahres eine Sondersitzung des Kreistags an, um das Thema zu vertiefen und gegebenenfalls abschließend zu beraten.

Bislang betreibt die Firma „Duales System“ – auch bekannt unter ihrem Grünen Punkt – im Enzkreis die Grüne Tonne für Leichtverpackungen und Altglas. 2021 tritt ein neues Verpackungsgesetz in Kraft, weswegen das Duale System wohl erwägt, auch im Enzkreis den Gelben Sack einzuführen und Sammel-Altglas-Container aufzustellen. Beides wird im Landratsamt und von den Kreistags-Fraktionen heftig kritisiert. Voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar 2021 wird sich der Kreistag nun in öffentlichen Sondersitzungen damit befassen. Bis dahin wird hinter verschlossenen Türen weiter intensiv um einen Konsens gerungen.

Die Etateinbringung erfolgte übrigens in Form eine „hybriden Kreistagssitzung“, der ersten dieser Art in der Geschichte des Landkreises. Hintergrund: Die Rede von Kämmerer Frank Stephan wurde per Video-Übertragung aus dessen Homeoffice eingespielt, weil er sich in häuslicher Quarantäne befindet, nachdem er Mitte vergangener Woche eine Kontaktperson des infizierten Pforzheimer Oberbürgermeisters Peter Boch war. Beide würden jedoch keine Corona-Symptome aufweisen, wie es hieß.