Nach zweijährigem Engagement beim Handball-Württembergligisten SV Leonberg/Eltingen bekommt Trainer Tobias Müller ein überraschendes Angebot.

Leonberg - Lange haben sie darauf gewartet. Endlich dürfen sie in die Halle und nach der neuesten Corona-Verordnung ihren Sport auch wieder in der Form betreiben, die Aktive und Zuschauer so fasziniert: mit Tempo, Härte und Körperkontakt. Der Trainer des Württembergligisten SV Leonberg/Eltingen, Tobias Müller, begrüßt das komplette Team – und verabschiedet sich gleich wieder. Er informiert seine Schützlinge, dass er ab sofort nicht mehr der Coach ist. Ein Paukenschlag zum offiziellen Trainingsauftakt.

 

So überraschend diese Ansage für einen Großteil der Mannschaft gekommen ist, so überraschend hat auch der 37-Jährige, der hauptberuflich als Geschäftsführer des Gesamtvereins SV Leonberg/Eltingen tätig ist, nicht einmal eine Woche zuvor ein verlockendes Angebot eines höherklassigen Vereins erhalten. Die Summe aus einer Aneinanderreihung von Ereignissen nennt Müller als Grund für die plötzliche Offerte: „Die hatten mich schon auf dem Zettel, aber eher perspektivisch.“ Den Namen des Clubs kann er zum derzeitigen Stand der Dinge nicht nennen. Es ist aber kein Geheimnis, dass der Drittligist TGS Pforzheim derzeit auf Trainersuche ist.

Das endgültige Okay fehlt noch

Der studierte Sportwissenschaftler, dessen Trainervertrag in Leonberg noch bis zum Ende der kommenden Saison Gültigkeit gehabt hätte, informiert gleich den Sportlichen Leiter Werner Neuffer und seinen Co-Trainer Christian Auer. „Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wenn nur einer Bedenken geäußert hätte, dann hätte ich sofort abgesagt“, sagt der Inhaber der Trainer-B-Lizenz. Aber sowohl von dieser Seite als auch vom Vorstand des Gesamtvereins gibt es kein Veto. Der Haken an der Sache: Bis gestern am späten Nachmittag wartete der Trainer vergeblich auf den Anruf des möglichen neuen Clubs, in dem das endgültige Okay bestätigt werden sollte. Das soll frühestens am nächsten Dienstag passieren.

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Werner Neuffer macht keinen Hehl daraus, dass er aus allen Wolken gefallen ist, als er den Anruf von Tobias Müller bekam: „Zunächst war ich sehr überrascht, dass er seinen Vertrag bei uns auflösen möchte, dann auch enttäuscht.“ Im vergangenen Jahr, nach der Vize-Meisterschaft der Männer in der Württembergliga, habe er Müllers Vertrag bewusst gleich um zwei Jahre verlängert, um ihn in gewisser Weise an den Verein zu binden. „Er leistet eine gute Arbeit und ist auch menschlich top“, sagt Werner Neuffer. Letztendlich will er ihm aber keine Steine in den Weg legen. Er betont aber auch, dass es für Tobias Müller im Falle einer Absage seitens des neuen Vereins kein Zurück mehr nach Leonberg auf den bisherige Posten geben werde. „Das haben wir klar besprochen.“

Die beste Abwehr der Liga

In der Saison 2018/2019 war Tobias Müller nach Leonberg gekommen und trat dort seine erste Stelle als „Chef“ an. Zuvor hatte er bei der SG Pforzheim/Eutingen in der Baden-Württemberg-Oberliga als spielender Co-Trainer fungiert. Die Vorgabe des Übungsleiters, die beste Abwehr der Liga stellen zu wollen, wurde auf Anhieb in die Tat umgesetzt. Der SV Leonberg/Eltingen beendete die Runde punktgleich mit dem Spitzenreiter SV Fellbach als Tabellenzweiter. Platz vier steht nun in der Corona-Saison zu Buche. Die Qualifikation zur eingleisigen Württembergliga ist geglückt. Den eigenen Anteil an diesen Erfolgen stelltMüller hinten an. Er singt vielmehr ein Loblied auf das Team: „Das ist ein Abschied mit mehr als einem weinenden Auge. Ich habe eine Mannschaft abgegeben, aber Freunde gewonnen. In über 30 Jahren Handball habe ich solch eine Kameradschaft noch nie erlebt.“

Als Geschäftsführer bleibt Tobias Müller dem Verein erhalten. „Das war von Anfang an mit dem Vorstand so kommuniziert“, sagt er. Und wenn sein handballerischer Rat gefragt sein sollte, dann stehe die Tür bei ihm offen. Den Worten folgten zum Trainingsauftakt auch Taten. Den sportlichen Start in die Vorbereitung erlebte der nun ehemalige Übungsleiter der Mannschaft zwar nicht in der Halle mit, dafür traf man sich anschließend noch bei den Garagen am Kunstrasenplatz zum zünftigen Ausstand. Müller: „Wir haben noch lange zusammen gesessen.“