Für die Schüler ist der Start am Montag ein Glück. Mütter und Väter hätten sich von der Politik aber mehr erwartet.

Renningen - Dass Kinder sich eines Tages freuen, endlich wieder in die Schule gehen zu dürfen – das ist eine der kuriosen Folgen der Coronapandemie. Dass der Präsenzunterricht am Montag sukzessive startet, ist im Sinne der Kinder auch für viele Eltern daher eine gute Nachricht – jedoch nicht ohne Einschränkungen. Vor allem vonseiten der Politik hatte sich so manch einer etwas mehr erhofft. Drei Eltern von der Friedrich-Silcher-Grundschule in Renningen haben mit uns über den Schulstart gesprochen.

 

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Anna Walther, die Vorsitzende des Elternbeirates, freut sich vor allem, dass die Kinder jetzt wieder regelmäßig ihre Klassengemeinschaft und die Lehrer sehen. „Ich denke, dass es enorm wichtig ist, dass die Kinder sich Stück für Stück in den Schulalltag wieder eingliedern.“ Auch wenn das Kollegium der Schule das Homeschooling sehr gut organisiert und begleitet habe, sei es doch weiterhin ein Kraftakt für Eltern und vor allem Kinder.

Julia Trieflinger, die einen Sohn in der fünften und eine Tochter in der zweiten Klasse hat, empfindet die anstehenden Lockerungen als eine Bereicherung. „Meine Tochter freut sich darauf, ihre Freundinnen wiederzusehen, für mich bedeutet es mehr Freiraum und Entlastung“, erzählt sie. Sie kann dem Homeschooling durchaus positive Seiten abgewinnen. „Man ist flexibel, kann vor- und nachbearbeiten, bekommt mehr mit.“ Aber die Struktur des Schulalltags fehlt. Aufgaben und Verhaltensweisen, die in der Schule selbstverständlich sind, müssen daheim ständig neu diskutiert werden. „Das ist recht ermüdend.“ Einen Vorteil erhofft sich Julia Trieflinger von der kleineren Klassengröße. Denn sie bedeute auch mehr Sichtbarkeit für den Einzelnen.

Österreich testet alle Schüler zweimal wöchentlich

Trotz aller Vorteile hätte sie in der jetzigen Situation aber lieber noch abgewartet, solange es keine Schnelltests für die Schüler gibt. Daher sehe sie es kritisch, ihre Tochter jetzt schon zur Schule zu schicken. Ähnliche Kritik bringt Matthias Iben vor, Vater von Zwillingen in der ersten Klasse. Zwar ist der Schritt der Schulöffnung für ihn „richtig und überfällig“. „Enttäuscht bin ich von der Politik, dass sie sich nicht um neue Lösungswege bemüht.“ Die Lage habe sich seit dem ersten Lockdown weiterentwickelt. Österreich beispielsweise teste alle Schüler zweimal wöchentlich. „Warum wir nicht?“

Auch das Konzept für die Anfangsphase kann er nicht nachvollziehen. Statt dass die Kinder an wenigen Tagen Vollzeit an der Schule sind, sind es jeden Tag nur eineinhalb Stunden. „Wenn sich die Kinder schon sehen, warum dann nur 90 Minuten?“ Für die Eltern bedeute das leider einen noch größeren Organisationsaufwand als bisher. „Eltern übernehmen gerade alle Pflichten, haben aber keinerlei Einflussmöglichkeiten.“ Er frage sich zudem, wie viel Stoff in 90 Minuten tatsächlich durchgenommen werden kann.

Schulöffnung hat für Kinder Vorteile

Doch ob 90 Minuten oder ganztägig – für die Kinder überwiegen klar die Vorteile, glaubt Matthias Iben. „Die Pandemielage darf nicht zur Normalität werden“, betont auch Anna Walther. „Wir dürfen uns nicht allzu sehr daran gewöhnen. Der Mensch ist und bleibt ein soziales Wesen, das nicht ausschließlich vor dem Rechner die Welt kennenlernen darf.“